Thursday, December 07, 2006

05.12.06 "Drei Schwestern" von Anton Tschechow, Regie und Bühne: Andreas Kriegenburg, Kostüme: Andrea Schraad, Musik: Laurent Simonetti - Kammerspiele, München

Hysteriker, in Rußlands Provinz gestrandet, scheinen sich an der Grenze zum Wahn einzunisten. Eine Art Folkmusik hauptsächlich mit Akkordeon kontinuierlich im Hintergrund gespielt bringt das ganze Stück in eine tranceartige, somnambule Zwischenstimmung. In der die Bühnenfiguren samt Zuschauer, so sie sich darauf einlassen, ins Surreale driften. Wirkt ein riesiger blütenförmiger Deckenleuchter, bühnenraumbreit, im ersten Akt noch kitschig und störend auf mich in der schön sachlich-klaren Bühnenarchitektur in Weiß-, Beigetönen, so ist er im letzten Akt zum passend surrealistischen Dekor geworden, die ins sinnlose geratenden Handlungen überspannend. Handlungen, die regelrecht zu Stereotypien am Rande des Krankhaften werden. Alles wirkt wie auf einer anderen Bewußtseinsebene ausgeführt. In der die Schauspieler zeitweise große, weiße Masken tragen, die überdimensionale Köpfe machen mit riesigen Augenhöhlen und dunklen Augen. Ein surrealistisches Puppenspiel. Die kleine Schar, die sich da zusammengefunden hat, lebt beinahe wie in einer Welt für sich neben der Realität. Wären nur die Masken ohne die mehr oder weniger latent kitschige Dimension im Bühnenbild!

Im Programmheft Stellen aus Briefen Tschechows aus dem Jahr 1892 kommentierend dazu:
"Wer nichts will, auf nichts hofft und vor nichts Angst hat, der kann kein Künstler sein. Ob dies eine Krankheit ist oder nicht - es geht nicht um Bezeichnungen, sondern um das Eingeständnis der Lage." - "Wir haben weder Nah- noch Fernziele, unser Herz ist wie leergefegt." - "Man sollte ein Bad in Schwefelsäure nehmen, sich die Haut abziehen und sich ein neues Fell wachsen lassen..."

(Foto von www.muenchner-kammerspiele.de)