Tuesday, October 31, 2006

Theo Bleckmann, Anteroom, 2005

Als Coverbildgestaltung mehrere unterschiedliche Restauranträume, menschenleer, die Tische gedeckt für Gäste. Beim Ansehen der Bilder mit der Tischdekoration wirkt die Abwesenheit von Personen stark.
"Anteroom" heißt Warteraum, Vorraum: Bei dem tendenziell Ambient-Klangebilde "Anteroom", das Theo Bleckmann mit den Möglichkeiten seiner Stimme herstellt, bleibt offen, ob es in einen sakralen Raum, etwa für Mönche, paßt oder ob es so etwas wie die profane Stimmung eines verlassenen Bahnhofwartesaals suggerieren kann. Man kann sich auch plötzlich klar machen, daß eine Gesellschaft, die selbst wenn sie, wie auf dem Cover gezeigt, in Speiseräumen tafeln kann, nur im Wartesaal genannt Leben ist, für den Zeitraum, der jedem von uns bleibt. Man gerät in den Bereich in dem das Denken und Fühlen bei Meditation und Zen ist, wenn man dies will, aber gleichzeitig ist man gefährlich nahe an Terrain erschreckender Leere, Horror Vacui, Klaustrophobie bis Verzweiflung oder endloser Gleichgültigkeit. Im kurzen zweiten Stück der CD vielleicht auch einfach in einer nicht definierten Weite. Die Musik ist für Menschen, die sich in Grenzbereiche wagen und diese aushalten und ausloten. Für die Einzelgänger und Freidenker, denen es nicht darauf ankommt unauffällig in der Masse Mensch und ihren gesellschaftlichen Gruppierungen zu verschwinden, sondern die auch alleine in unerforschte Räume dringen. In denen man nicht genau weiß, was geschehen wird, was man erleben wird, wer einem begegnen wird.
Die beiden mehrschichtigen akustischen Klangräume der CD, betitelt "Anteroom" und "a small house can carry as much happyness as a large one", läßt Theo Bleckmann nur durch Aufnahmen der Experimente und Arbeit mit seiner Stimme entstehen ohne jede Verwendung von Elektronik.
- seine website: www.theobleckmann.com

Wednesday, October 25, 2006

24.10.06 - Geoff Muldaur, Optimal München

Die Konzerte, die ich in den vergangenen Jahren von Geoff Muldaur besuchte, waren mit Ausnahme schöne, spezielle kleine Events. Er spielte in Clubs mit guter Bühnenatmosphäre, bei der er die Magie, die er in so manche der Interpretationen von Songs aus der amerikanischen Folk- und Bluesgeschichte zu zaubern vermochte, entfalten konnte. Feine akustische Gitarre und Fingerpicking und seine außergewöhnliche Stimme, von der Richard Thompson gesagt haben soll: "There are only three white Bluessingers - and Geoff Muldaur is at least two of them."

Im Plattenladen Optimal in München saß Geoff Muldaur bei heller, kalter Raumbeleuchtung auf der Bühne, es gab kein Stagelightdesign, weshalb die besondere Stimmung, die er bei seinen Auftritten eigentlich zu schaffen vermag, es etwas schwer hatte in dieser Raumsituation zu entstehen. Bei manchen Songs ging zwar die Faszination von ihm aus, die einen in den Bann ziehen kann, doch das Gesamtkonzept des Abends kam nicht so stimmig zur Wirkung, wie ich es von Muldaur kannte.

Saturday, October 21, 2006


Ornette Coleman, 1961...

Ok, eintauchen in die Vergangenheit: Folge den Saxophonmelodien von Ornette Coleman... Nimm beispielsweise, selbst wenn eher weniger spektakulär, "Ornette!" aus dem Jahr 1962. Mitmusiker: Don Cherry, Scott LaFaro, Ed Blackwell. Gelbtürkisfarbenes abstraktes Cover mit experimentellem Ornetteschriftzug. Musikstücke mit zwar traditionsbezogenen Elementen doch im Grunde konsequente Innovation. Wie nur Monate vorher u.a. mit den Aufnahmen zu "Free Jazz" begonnen worden.
Ornette Colemans Saxophon war vom ersten Hören an für mich etwas Entscheidendes, Essentielles, wofür es keine Alternative gibt und wahrscheinlich auch nicht geben wird. Da passiert etwas Unersetzbares in einem ganz besonderen, zeitlosen Raum. Anders die sozusagen einfach cool zu sein scheinenden Baß-, Schlagzeug- und Trompetensolos der Band, die wie eine hübsche Zeitreise fast 50 Jahre zurück wirken. Und doch will ich manchmal nichts Aktuelles damit tauschen.
Natürlich sind wir immer einerseits in Die-Geschichte-wiederholt-sich-selbst...In der Harmolodic Colemans jedoch herrscht andererseits eine andere Zeitrechnung, gelten andere Gesetze...
"I've known people of whom it can be said they have never lost their sense of rage. But rarer, and therefore more in tune with the life forces of the universe, are those like Ornette, who have never lost their sense of wonder.", schreibt Nat Henthoff auf dem Cover.
weitere Informationen: http://www.harmolodic.com

Monday, October 02, 2006

26.09.06 Jed Perl - "New Art City" - Abenteuer von Malern und Schriftstellern im Manhatten der 1950er Jahre" - Vortrag im Haus der Kunst, München

"The idea of the spirit of a city" (Perl)... - ich entdeckte die New York School für mich schon vor vielen Jahren. Abstract expressionism, action painting, color field. Jackson Pollock, Willem de Kooning, Franz Kline, dann Mark Rothko, Ad Reinhardt, Barnett Newman. Und andere. New York, nicht mehr Paris, war Metropole in den 50ern gewesen. Was dort begonnen hatte weckte mein Interesse, faszinierte mich, wirkte magisch auf mich. Ich verinnerlichte Werke dieser Zeit, las Biografien und besuchte Ausstellungen. Der Vortrag nun ergänzte meine Kenntnis nur noch durch einige prägnante Anmerkungen und Hinweise und ich wurde darauf aufmerksam, daß auch der Münchner Hans Hofmann eine Rolle zu spielen begonnen hatte damals bei den New Yorkern.
Und die Literatenszene: Beat Generation. Allen Ginsberg, Jack Kerouac und namhafte andere sogenannte "Subterraneans"sollen zu dieser Zeit die Bar San Remo zum Künstlertreff der Stadt gemacht haben. William S. Burroughs soll da noch in Paris geschrieben haben. (Recherchierte ich dann zuhause nochmal nach.)
"They weren't afraid of something that felt strange and difficult", sagte Perl.
Vom Spirit des New York der 50er brachte Jed Perl jedoch nicht so sehr viel zum Ausdruck. Ob ihm das dann im gerade veröffentlichten Buch "New Art City" gelang?

Mir fällt nach dem Vortrag Ornette Coleman ein. Er war 1960 bei den Aufnahmen der Third Stream-Kompositionen "Jazz Abstractions" als Musiker dabei und das Bild "White Light" von Jackson Pollock ist mit beim Coverdesign seiner zur selben Zeit entstandenen LP "Free Jazz".
Der Geist der Szene des New York der 50er Jahre hatte entscheidenden Einfluß auf das weitere Kulturleben insgesamt.
(Bild zeigt Jackson Pollock im Atelier in den 50er Jahren)