Thursday, December 12, 2013

Schwerwiegendes - "Rimes - Rhymes" von Lou Reed

Ich orderte Anfang des Jahres 2013 den zu Ausstellungen veröffentlichten Fotoband "Rimes - Rhymes"von Lou Reed. In einigen Europäischen Städten, auch in Deutschland, waren Bilder seiner fotografischen Arbeit unter dem Titel "Rimes - Rhymes" gegen Ende des Jahres 2012 ausgestellt. Ich war an keinem der ausgesuchten Ausstellungsorte. Erhielt aber immerhin ein schweres, großformatiges Fotobuch mit einem Einband in abstakten Formen in Gelb bis Rot. Betrachtet man Reeds Fotos - ein Sammelsurium an Momentaufnahmen sehr eigenwilliger Art, meist Realismus, manchmal Verfremdestes - dann sieht man, dass er nicht ausgebildeter Fotograf und bildender Künstler war. Aber genauso erkennt man, was für einen speziellen Fokus Reed hatte, der dadurch entstanden war, dass er als Musiker eine Einstellung wie Künstler zu allen Dingen und Angelegenheiten des Daseins hatte. Reed war Rock'n'Roll. Und sein Rock'n'Roll war genauso street credible wie art. Reeds Rock'n'Roll war eine Form von Kunst. Genauso wie sein Fotografieren. Ein unglaublich trauriger Moment war es, als die Todesnachricht von Lou Reed am 27.10.13 im Internet aufzutauchen begann und sich rasch verbreitete. Ich hörte mir "Halloween Parade" aus dem New York Album an. Griff zu dem neben mir auf dem Tisch liegenden Fotoband "Rimes - Rhymes" und blätterte darin, in dem bitteren Wissen, Reed nie mehr begegnen zu können. "... Halloween is something to be sure / Especially to be here without you..."

Rimes - Rhyme" ist erschienen bei Editions Photosyntheses in Arles in Frankreich.

RIMES - RHYMES

veröffentlicht: www.culturmag.de

Wednesday, November 06, 2013

Sebadoh - Lo Fi-Attitude: manch ausgesucht Hübsches in spröder, vorwärtstreibender Indierock-Manier

Nach 14 Jahren nun ein weiteres Studio-Album von Sebadoh. Das ist Lo Fi der 90er Jahre transformiert in die jetzige Zeit. Sebadoh bildet neben Dinosaur Jr. ein anderes Bandprojekt von Saiten-Mastermind Lou Barlow, der früher auch noch The Folk Implosion formierte und als Sentridoh veröffentlichte. Barlow prägte bekanntermaßen mit Sebadoh den Indierock nicht unwesentlich.
Das jetzt vorliegende "Defend Yourself" hat die Band, diesmal neben Lou Barlow mit dabei Jason Loewenstein und Bob D'Amico, ganz eigenständig aufgenommen und auch produziert. Unprätentiös und selbstverständlich nicht bahnbrechend neu, aber um so verlässlicher und griffiger und einfach gitarrenrockig über Veränderungen im Leben reflektierend. Sebadoh war schon immer etwas auch für die, die nicht definitive Indierock-Fans waren. Also etwas abseits von jeder Strömung und trendmäßigen Bewegung. Manche hörten Dinosaur Jr. nicht, aber auf jeden Fall Sebadoh. Und wer Pearl Jam ablehnte, war dann eventuell bei Sebadoh.
Hier ein besonderer Touch Melancholie im Song, da bei anderer Gelegenheit wieder ein spezieller Moment der Freude auftauchend, so bereichern die Musiker von Sebadoh einen treibenden, aber mit cool-laid-back Geste gespielten, eher düster gefärbten Sound. Sehr vertraut und wie schon mal gehört wirkt das alles auf "Defend Yourself". Aber so treffend schön dann wieder bei Tracks wie "I Will" oder "Let It Out", dass man sich dem kaum entziehen kann und sagt, man wolle das also doch noch haben. Speziell auch die Sanfheit an Dynamik eben genannter und mancher Songs immer wieder. Darf es also einfach mal was Nettes sein an Harmonien und Gitarrenläufen und an ausgesuchter Trägheit zwischen manchem Mid- und Up-Tempo-Beat? Und auch die hübsche Artwork des CD-Covers von Lou Barlow selbst designt noch dazu? Er lässt offenbar manche Unstimmigkeiten lässig beiseite. Um so eine Einstellung zu zelebrieren, dafür eignet sich die Musik der CD dann tatsächlich. Eine Aussage in "Seperate" ist "...define the "I" that you speak from..."

Sebadoh
"Defend Yourself"

www.sebadoh.com

veröffentlicht: www.culturmag.de

Friday, October 18, 2013

 Songwriting als innere und äußere Kartographie - "Dream River" von Bill Callahan

Kartograph von Emotionalem in seinem ureigen speziellen Songwriterkosmos ist Bill Callahan schon immer. Unterwegs auf durchaus auch intellektuellen Wegen ist er dabei musikalisch mal ausgeprägter romantizistisch und lieblich, mal etwas ruppiger und gradliniger. Oft findet man ihn im Melancholischen, nicht selten im Naturalistischen. Diesmal auf "Dream River" in ausgewählter Leichtigkeit. Musikalisch wird er da eine gute Spur zu verspielt. Weniger ist bei ihm oft mehr. Und diesmal ist er wieder mal mehr in Arrangements eingetaucht, als es eigentlich gut für ihn wäre. Zwar stürzt Callahan nie ganz ab in zu eingängig hübsche Songs. Er besitzt einfach Substanz, die ihn vor sowas bewahrt. Aber er scheint es sich wohl mit "Dream River" zu leicht gemacht zu haben. So wirket es stellenweise. Ganz exquisit ist es leider nicht geraten. Mehr entschiedene Kargheit täte gut. Wie zu manchen Zeiten von Smog, dem Vorgänger-Langzeitprojekt der bisher nun vier Soloalben. Aber starke Momente gibt es auch diesmal natürlich. Sie sind eigentlich gar nicht allzu rar. Wie bei "Ride My Arrow". Und auch Songs wie "The Sing" und "Winter Road" können mit allem versöhnen und überzeugen. Und zwar in guter Songwritertradition. Die Geige als ergänzende Instrumentierung ist jedenfalls das weitaus Bessere als die Querflöte, die teils fast nervt. Schön und gut, das reicht im Fall Bill Callahan nun einmal nicht. So geht die Qualität von "Dream River" nicht immer ganz ins Exzellente. Ist aber eine einigermaßen wohltuende musikalische Songwritingsache. Balsam für die einen oder anderen Überstrapaziertheiten und Musik für ein Stündchen Zurückgelehntheit. Nachmittäglich Kontemplatives. Zwielichtig Verhaltenes bis fein Erlesenes. Und einfach ignorieren, dass die Arrangements gelegentlich gerade am Kitsch vorbeischrammen?

veröffentlicht: www.culturmag.de

Monday, September 16, 2013


Collage: Tina Karolina Stauner Bilder: Intakt und Tina Karolina Stauner

Sylvie Courvoisier und Mark Feldman: Neue Kammermusik - nonkonform und auch konsonant

Sylvie Courvoisier und Marc Feldman im Duo  »Live At Théatre Vidy-Lausanne «, eingespielt 2012, das ist wie die Wiederaufnahme des Konsonanten in die experimentelle New Yorker Downtown-Szene.

Courvoisier und Feldman sind Partner, sowohl im Leben als auch in der Musik, und da mit Piano und Violine. Courvoisiers teils präpariertes Piano ist eine neoklassische und  eigenwillig zeitgenössische Verbindung von europäischem und amerikanischem Spielen und Musikdenken. Feldman ist amerikanischer multiperspektivischer Violinist, der die nonkonformistische Improvisation beherrscht.

Beim Zusammenspiel der beiden Könner wird bei der Aufnahme der 7 Stücke von »Live At Théatre Vidy-Lausanne « fast ein Übermaß an Emotionen spürbar. Statt analysierend darüber zu schreiben wäre Poetisches der Musik und dem Gefühlskosmos des Duos sehr viel näher. Und dem Eintauchen der beiden Instrumentalisten in die Geschichte der Musik der Klassik, der Romantik, des Impressionismus und bis hin zur Zwölftonmusik und wie dies in Spannung gebracht wird zum Experimentellen und Improvisatorischen der New Yorker Gegenwart, wo Courvoisier und Feldman leben und arbeiten. Neue Kammermusik mit reinterpretiertem Jazz ist das. Und kondensiert das bisherige Musikalische der Virtuosen Courvoisier und Feldman, das sich mal einfühlsam sanft, dann wieder kompromisslos harsch darstellt.  Sehr gefühlsgeladen, mit stark romantschen Zügen schon. Dies aber doch aufregend gebrochen durch das mal mehr, mal weniger Schräge der New Yorker alten Gewohnheiten und neuen Erforschungen der Downtown-Avantgarde von Free Jazz bis Improvisation und Neuer Musik, zu der das Paar seit langem in Kollaboration mit namhaften Musikern der Szene gehört. Im Duo sind sie in ihrer ureigenen und besonders poetischen Klangwelt mit feinem Gespür.

Sylvie Courvoisier/Mark Feldman

»Live At Théatre Vidy-Lausanne «

Intakt, 2013




Thursday, August 22, 2013

Bild: Tina Karolina Stauner

Wednesday, July 24, 2013


Wednesday, July 17, 2013

Bryan Ferry und sein derzeitiges Orchester auf Zeitreise - Mr. Perfect?

Als Poser zeigt sich Bryan Ferry immer noch. War er einmal Avantgarde? War er Glam oder Art? Die unterschiedlichsten Szenen haben jedenfall über die Jahre Bryan Ferry gehört. Und zumindest Roxy Music war mehr Art als Glam.

Way back with Bryan Ferry

Die Ursprungsbesetzung der 1971 gegründeten Band Roxy Music war:  Bryan Ferry, Brian Eno, Andy Mackay. Es kamen und gingen diverse weitere Musiker. Und die nach der Bandauflösung folgenden Soloalben von Ferry waren teils doch sehr im Kommerz. Wenn auch das, natürlich, nicht ohne Niveau. Nun taucht der Sound einiger von Bryan Ferrys früheren Aufnahmen in ein Styling ein, das ein Jahrhundert alt ist. In die Jahre der Roaring Twinties und des Dixieland-Jazz. Merkwürdig mutet das an beim ersten Hören. Irgendwie dezent cool aber schon. Cool muß sein, was Ferry tut. Schon immer. Der mittlerweile 67-Jährige hat als jüngste Aktivität im vergangenen Jahr Musik zur Baz Luhrmann-Verfilmung von "The Great Gatsby" eingespielt mit dem formierten Bryan Ferry Orchestra. Und in dieser Besetzung auch Songs seiner früheren Jahre verfremdet zu "Yellow Cocktail Music" und dem Album »The Jazz Age« transformiert. Und lässt also auf Tonträger und zudem live auf der Bühne Teile seines Werks in einem Sound von Anfang des 20. Jahrhunderts verschwinden: Verschwinden, denn man erkennt die Songs manchmal kaum. Und rätselt beim Hören das eine oder andere Mal, welches Stück das nun ist. Fragt sich, ob man das also tatsächlich gut finden soll. Aber das Bryan Ferry Orchestra hat das, was man Klasse nennt. Und Ferry hat sich dafür entschieden, seinem Werk teilweise gerade diesen Touch zu geben.  Eigenartig daran ist auch, dass zahlreiche interpretierte Stücke rein instrumental sind und die Lyrics nun dabei fehlen. Die altbekannten Songs verwandelten sich merkwürdig in gute alte Jazznummern. Klingen wie eingespielt mit einer Dixieland-Jazzband, wenn ein Banjo mit im Orchester ist. Und teils auch recht swingend, mit einer Geste wie zu Zeiten einer Big Band als der Cotton Club in New York ab den 1920er Jahren bekannt wurde. Aber: Der Cotton Club spielte mit Südstaatenklischees und hatte dabei eine reaktionäre Attitude, muß man wissen. Schwarze Besucher bekamen keinen Zutritt. Obwohl es um den Jazz ging, die Musik, deren Wurzeln bei Schwarzen liegt und die auch von Schwarzen gespielt wurde. Auch im Cotton Club der High Society. Weiße machten sich ja damals zunehmend den Sound der Schwarzen zueigen und verbreiteten ihn.

Bryan Ferry live 2013

Beim Konzert in der Tollwood-Arena in München am 03.07.13 eröffnet das Bryan Ferry Orchestra mit einem Set, der nun also an die Zeit des Cotton Clubs erinnert. Ferry selber ist dabei erst mal nicht mit auf der Bühne. Das Bryan Ferry Orchestra spielt gekonnt Instrumentalinterpretationen aus Ferrys Werk. Von "Do The Strand" über "Avalon" und "Just Like You" gibt es mal mehr Dixie, mal mehr Swing. Erst bei der siebten Nummer des Abends klinkt Bryan Ferry sich in den Sound ein. Er wirkt etwas zurückhaltend. Und seine Stimme hat auch tatsächlich nicht mehr die schneidende Kraft wie früher, aber er kann ihr  immer noch, wenn auch anders als in seinen jüngeren Jahren, den Moment Erotik geben, den sie haben soll. Alles ist durchinszeniert bei der ganzen Show, jede Geste, mit Ferry im Anzug, großem Oerchester und glitzernden Background-Sängerinnen. Ferry hat sich das genau überlegt. Und hat also wirklich Teile seiner Vergangenheit in die Zeit vor seine Vergangenheit verlegt. Eine seltsame Entscheidung. Bei "Love Is The Drug" und"Back To Black" wird Ferry eigenwilliger. Und beginnt schließlich einen Sound zu bieten aus Pop, Rock, Funk und Jazz, der nicht mehr in der Vergangenheit des Jazz liegt und nichts anderes als aktuell zeitgemäß zu sein hat. Souverän integriert Ferry auch "Knockin' On Heavens Door". Und zeigt bei Songs wie "Crazy Love" und "Chain Reaction" höchst selbstbewusst Pop- und Rockform. Insgesamt bringt Ferry mit Band und dem Bryan Ferry Orchestra einen Mix aus 25 Stücken einschließlich Zugaben auf die Bühne.

"I thought"

Aber was will ich eigentlich sagen? Warum ich überhaupt hingegangen bin: Es war einfach so, dass ich einmal eine zeitlang Roxy Music anhörte. Deren Alben bildeten bei mir nicht selten den Backing Sound im Alltag. Ich kannte so gut wie jeden Song bis ins Detail. Obwohl ich Roxy Music nur ganz nebenbei hörte. Aber ständig wieder. Als ich meinen Fokus auf Free Jazz und Improvisation zu legen begann, klinkte ich mich gleichzeitig bei Bryan Ferry aus, ohne das bewusst entschieden zu haben. Rückwirkend kann ich sagen, dass ich auf einmal nicht mehr Roxy Musiy und Brian Ferry wahrnahm und diese regelrecht plötzlich vergaß. Weder die Aufnahmen von Roxy Music, noch Bryan Ferry solo nahm ich mehr zur Kenntnis. Er verschwand völlig aus meinem Leben. Jetzt im Juli 2013 wollte ich einfach mal wissen, was mich eigentlich eine Weile mit Ferry verband, warum ich ihn dann ignorierte und ob seine Arbeit mich wieder interessiert. Die Antwort ist ganz einfach:  Bryan Ferrys Musik gehört nicht mehr zu meinem Leben. Und ich nahm sie auch nicht wieder mit rein. Roxy Music war einzigartig. Bryan Ferry erinnert heute live auf der Bühne wie nur noch daran. Und die derzeitige Entscheidung für den Weg in die 1920er und 1930er des vergangenen Jahrhunderts bleibt etwas strange. Man kann gleich Cap Calloway und  Duke Ellington hören und Cocktails trinken. "Move On Up" gibt Ferry zum Abschluss mit auf den Weg. Aber hübsch klingt das Bryan Ferry Orchestra schon. Oder soll man gelegentlich mal Bryan Ferry hören, etwa mit "Can't Repeat The Past?"?

www.bryanferry.com

 veröffentlicht:  www.kultura-extra.de
                          www.skug.at

Sunday, June 23, 2013


© Tina Karolina Stauner  www.zenhardedge.blogspot.com
"Verwandlung und Reisen ins Innere... »Schweigen oder Leere – das kann auch Schatten sein. Schweigen und Klänge, Schatten und Licht – auch das ist Yin und Yang. Man kann das auf ganz verschiedene Weise deuten … «"

Toshio Hosokawa "Solo Concertos Vol. 2", CD, 2013

-Cello Concerto (1997),
  In memory of Toru Takemitsu,
  Rohan de Saram, cello
-Voyage VII (2005), trumpet and strings with percussion,
  Jeroen Berwaerts, trumpet
-Metamorphosis (2000), clarinet, string orchestra, percussion,
 Olivier Dartevelle, clarinet
 (Orchestre Philharmonique du Luxembourg,
 Robert HP Platz, conductor)

Schaustelle, München 2013
Foto: © Tina Karolina Stauner 

Saturday, June 22, 2013


Jazz, Minimalismus und mehr: Isabel Sörling Farvel

Minimalismus ist Isabel Sörling Farvels Terrain mit Auslotung über dessen Grenzen hinaus in Free Jazz, Improvisation, Art Rock, Folk bis zum Bereich der Neuen Musik. Vokale Experimente und Atonales bilden Hauptmerkmale der Musik der Formation, die sich aus Stimme, Saxofon, Trompete, Piano, Bass und Schlagzeug zusammensetzt. Von fragilen, leisen Passagen, bei denen einzelne Instrumente und der Gesang von Sörling sparsam eingesetzte Mittel sind, wird gewechselt in vollinstrumentierte, überbordende Grooves. Vom Unterkühlten und Zerklüfteten wird der Bogen gespannt in wild ekstatische Klangformen. Betonung ist allerdings insgesamt das Minimalistische, Sachliche, Nüchterne, was den Gesamtcharakter der CD prägt und deren Qualität und Eigenwilligkeit ausmacht, die sie vom Gros der Veröffentlichungen abhebt. Etwas spröde und unnahbar wirkt das Ganze und nimmt dann doch teilweise immer wieder packend in manche Parts der Stücke mit hinein. Die schwedische Sängerin Isabel Sörling kann ihre Stimme fein Solistisch wirken lassen oder ins Musikalische einordnen beinahe wie ein Musikinstrument klingend.
Wem Carla Bley oder Sidsel Endresen vertraut sind, wird auch Isabel Sörling Farvels Sound nicht zu fremd sein. "...don't say that I've been away / cause you don't know where I've been today..." singt Farvel und für weltoffene und freigeistige Menschen ist Sörlings Experimentieren und Spielspielerei auch nichts zu Sperriges oder Abseitiges, sondern Jazz vom best Zeitgemäßen. Die fünf Mitmusiker Kim Aksnes, Otis Sandsjö, Henrik Magnusson, Alfred Lorinius und Carl-Johan Groth  verstehen es aufs Einfühlsamste der außergewöhnlich spannenden Jazzstimme Sörlings die richtige Ebene und den großzügig geeigneten Raum zu geben.

 www.isabelsorlingfarvel.com

veröffentlicht:  www.melodiva.de

Friday, June 07, 2013

Ausstellungsplakatdetail - Mel Bochner, Haus der Kunst München
Foto: © Tina Karolina Stauner

Sunday, May 19, 2013

S T R A N D E D

Hier geht es zu STRANDED, einer Seite von mir mit Fotografie, Kunst und Kultur: S T R A N D E D

 
Foto: © Tina Karolina Stauner

Saturday, May 18, 2013

Alexander Kanoldt, Kaktus-Stilleben, 1923

Sozialkritik und Idylle - Neue Sachlichkeit des 20. Jahrhunderts im wiedereröffneten Lenbachhaus in München: Neue Sachlichkeit und Lenbachhaus Und vorübergehend ist nun die Schaustelle aktiv als Raum für Experimente: Schaustelle Foto: Lenbachhaus

Monday, April 29, 2013

Helle und düstere Ebenen, Vergangenheit und Gegenwart - Musica Viva, 26.04.2013, Herkulessaal München

Neue Kompositionen von Salvatore Sciarrino und  Rebecca Saunders kontrastierend zu einem bekannten Orchesterwerk von Helmut Lachenmann

Salvatore Sciarrino - fast übernatürlich Traumhaftes

Salvatore Sciarrino ist ein Komponist, der sich exakt entscheidet, wie er seine poetische Musiksprache für Orchester instrumentiert. Er ist sich vor allem bewusst, dass er den Orchesterapparat nicht komplett ausschöpfen muss. Manches gezielt wegzulassen spielt bei ihm eine entscheidende Rolle, auch für die gesamte Klangfarbe eines Stücks. Eine Vorliebe hat der Italiener grundsätzlich für Flageoletttöne, diese Halbwelt der Töne, die von manchen als undefinierbare Schatten bezeichnet werden. Es gibt von Sciarrino den Satz: "Ich liebe das Flageolett, weil ich selbst ein Flageolett bin." Wenn in kaum definierbaren Konturen mehr oder weniger zufällig die Tonhöhe getroffen wird, oder sie dem Interpreten wegbrechen könnte, darin lässt Sciarrino gern Spannung entstehen. Eine Geige kann für ihn wie ein übernatürliches, traumhaftes Instrument klingen in einem Reich der Melancholie, das lang Vergangenes mit einbezieht. Während Sciarrino aber gleichzeitig neue, eigene Formen findet und verwendet.

"Verhüllter Tag beim schwarzen See"

Der Solo-Sologeige wurden bei der Uraufführung von "Giorno velato presso il lago nero / Verhüllter Tag beim schwarzen See" sozusagen Sologeigen zur Seite gestellt und ungewöhnliche Instrumente wie eine Lastra und Gran Cassa waren untypisch für ein Violinkonzert  in das Orchester eingebaut. "Giorno velato presso il lago nero" zeigte sich als ein Stück, bei dem Zustände wie Unruhe und Gelassenheit dynamisch konkurrieren und Stillstand und Bewegung merkwürdig kontrastieren. Sciarrino spricht bezüglich der Arbeit an dieser Musik von immer wieder zerbrechender, zersplitternder Konzentration und dem Komplettieren der Komposition schließlich vergangenes Jahr in München. Sciarrino, den beim Komponieren auch als melancholisches Moment ein Exprimentieren mit der herabsteigenden Bewegung  interessiert, hatte natürlich bei einer Uraufführung von "Giorno velato presso il lago nero" bei der Musica Viva eine durchaus positive Dynamik, die zu  mancher dem Stück immanenten Stimmungen und Bestrebungen produktiv in Spannung steht. Wie Glück zu Unglück. Fragt sich jemand, wen alles es bestürzt, wenn ein Glückliches fällt? Sciarrino zitiert Rainer Maria Rilke mit den Worten: " Und wir, die an steigendes Glück  / denken, empfänden die Rührung, / die uns beinah bestürzt, / wenn ein Glückliches fällt." Als inspirierend für die Arbeit an "Giorno velato presso il lago nero" erwähnt Sciarrino die Arbeitsphase "Girl by a black lake" des Malers Jan Preisler in dem gegensätzlich mattes Schwarz mit Kreideweiß eingesetzt wird.

Dunkle und helle Ebenen

Was realisierbar ist, wenn man keine ergänzenden Informationen vom Komponisten und den Interpreten zum Werk kennt, sind erst einmal musikalisch zwei Hauptebenen, eine düstere, eine hellere, beide eher verhalten  bis mittellaut. Und umfassender Orchesterklang setzt nur die einen oder anderen extrem lauten Akzente in die beiden Bereiche, die immer wieder wie merkwürdige Dehnungen wirken, die in Spannung zueinander stehen. Eigentlich dachte ich dabei zuerst eher an Pastell- oder Grautöne. Und erst durch ergänzende Lektüre machte ich mir nach der Aufführung mit etwas Distanz den stärkeren Kontrast bewußt. "Giorno velato presso il lago nero" ist ein eher schwierig rezipierbares Stück, das selbst Ohren, die Neue Musik gewohnt sind, irritieren kann und nicht sofort einordenbar und bewertbar ist. Die Violinistin Carolin Widmann hatte den Part der Sologeigerin und konnte mit den kreierten Klangbildern einen Wunschtraum real werden lassen. Salvatore Sciarrino spricht von "Musik, die zu einer anderen Form des Hörens führe, zu einer umfassenden seelischen Einsicht, sowohl in die Realität als auch die eigene Persönlichkeit."

Rebecca Saunders - melancholisches Akkordeon-Klangbruchstück

Der Komposition von Sciarrino folgte ein neues Werk von Rebecca Saunders in Uraufführung: "...of waters making moan" für Akkordeon solo. Teodoro Anzellotti ging souverän in dieses "Klangbruchstück" um  das "Wesentliche eines Farbsplitters innerhalb einer begrenzten und reduzierten Palette von Klangfarben aufspüren" zu können, soll ergänzenden Informationen zufolge jederzeit weitergegeben werden. Die von Saunders genannte Lyrik "...Sad as the sea bird is when, going  / Forth alone, /..." aus einem Gedicht von James Joyce von 1907 kommt der Akkordenaufführung von Anzellotti nahe und Wortreiches braucht es nicht unbedingt, um das gekonnt detailreiche Spiel des Akkordeonisten zu wertschätzen. Sciarrinos "Giorno velato presso il lago nero" vertrug nachfolgend vermutlich auch nur ein Solostück dieser Art.

Helmut Lachenmann - aktuelle Situationen von "Ausklang"

Der fragilen Stimmung des ersten Teils des Konzertabends wurde dramaturgisch ganz entschieden das um Jahrzehnte ältere Stück "Ausklang", 1986 erstmals aufgeführt, von Helmut Lachenmann entgegengesetzt, das mit umfangreicher Orchesterbesetzung und speziell dem Wirken des Pianisten Pierre-Laurent Aimard arbeitete und wie den Geist eines anderen Jahrzehnts atmete, das noch hereinwirkte, aber aktuell interpretiert. Während ich Sciarrinos und Saunders Werk zurückgenommen seitlich aus dem Hintergrund im Parkett beobachtete, ließ ich das von Lachenmann in der Mitte oben im Rang sitzend mit ganzem Blick auf das Orchester auf mich wirken. Fast hatte ich erwogen dem ersten Konzertteil nach der Pause Stille folgen zu lassen. Draußen stand eine dunkle Wolkenwand am Rande eines klaren Himmels einer vergangenen blauen Stunde, auf dem Parkrasen lungerten noch idyllisch Picknicker und aus dem Foyer drangen laute Gespräche,  entschied ich mich dann doch für's Bleiben und konnte den Lachenmann-Part des Abends produktiv rezipierend integrieren. "Wir haben permanent Klänge als magische Mittel...", konstatiert Lachenmann theoretisierend und stellt aber gleichzeitig das Beobachten fest, beim Komponisten und beim Hörer: "Hören wird zu einer Art beobachten.""...Die Musik durchläuft so einen Parcours von Situationen...", kommentiert Lachenmann zu "Ausklang". Um Klarheit über die Gegenwart haben zu können braucht man immer wieder gezielt auch Kenntnis der Vergangenheit. Wenngleich ich "Ausklang" nicht nahe an mich herankommen ließ.

An der Grenze des Hörens

Das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks unter Dirigat von Jonathan Nott wagte es interpretierend Nuancen zu setzen auf nicht unbedingt ganz sicherem Terrain der beiden Orchesterstücke von Salvatore Sciarrino und Helmut Lachenmann. Joachim Nott sprach bezüglich der Stückbezeichnung von Sciarrino davon, eine Idee von Visionen von Klangfarben zu haben (...) an der Grenze des Hörens.

Salvatore Sciarrino
"Giorno velato presso il lago nero" für Violine und Orchester
(Uraufführung)

Rebecca Saunders
"... of waters making moan"
Solo für Akkordeon
(Uraufführung)

Helmut Lachenmann
Ausklang. Musik für Klavier mit Orchester


Carolin Widmann, Violine
Teodoro Anzellotti, Akkordeon
Pierre-Laurent Aimard, Klavier
Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks
Leitung: Jonathan Nott

musica viva
www.salvatoresciarrino.eu
www.anzellotti.de

 veröffentlicht: www.kultura-extra.de

Thursday, April 25, 2013


Foto: © Tina Karolina Stauner

Tuesday, April 23, 2013

Kleine Dinge wie Songwriting  und die rechte und die linke Hand

"...the little things in life just passed me by..." heißt es auf "Scapegoats" 1991 bei Green On Red. Kleine Dinge, wie Songwriterkonzerte besuchen, darf man sich im Leben nicht ganz entgehen lassen. In diesen Tagen schaute ich bei Larkin Poe, Ben Caplan und Chuck Prophet vorbei.

Larkin Poe - ziemlich maskuliner Girlcountry

Neugierig geworden auf Larkin Poe durch deren gerade erschienene, exzellente CD "The Sound Of The Ocean Sound" mit Tom Hell war ich am 15.04. in München im Ampere. Ich hörte nicht netterweise vorher beim Suport Act The Common Tongues zu, vielleicht sogar hübsches Songwriting, sondern wählte gezielt den Set von Larkin Poe, die mich beim Reingehen mit regelrecht machohaftverwandtem bluesigen Folk-Rock ansprangen. Die beiden Lovell-Schwestern Megan und Rebecca können so etwas. Insbesondere Megan Lovell an der Slide Gitarre. Möglicherweise hat sie sich einiges von Bonnie Raitt zu Gemüte geführt und sie kann spielen. Sie hat das Metall an ihren Fingern nahezu perfekt unter Kontrolle und nennt für ihre Lap-Steel-Technik Jerry Douglas als Inspiration. Klingen die beiden Lovells teilweise nach feminin romantizistisch Countriesquem mit gelegentlich einer Idee Pop, so können sie jedenfalls auch in eine andere Gangart. Zusammen mit zwei kongenialen Backingmusikern spielten die beiden jungen Musikerinnen eine überzeugende Reihe von Songs durchsetzt mit teils härteren, durch das Schlagzeug souverän gepushten Songstrukturen. Und bestätigten den besten Eindruck, den ich durch ihre CDs hatte. Zwar ein kleiner Silberglitzerminirock hier, ein verspieltes blondes Zöpfchen da, aber coole, versierte Intstrumentalistinnen. Dass sie den Spannungsbogen des Abends mit einem Akustik-Duoset, das ihnen aufeinmal nicht gelang, dann ruinierten, sei einfach mal verziehen. Der gute  Larkin Poe Sound ist auch auf der kürzlichen Veröffentlichung "Thick As Thieves"zu haben.

Ben Caplan - markanter Songwriter, aber  Schwätzer

Der bärtige Barde Ben Caplan konnte mich eigentlich mit einigen sehr schönen Songs wie beispielsweise dem "Leave Me Longing" seiner aktuellen CD " In The Time Of The Great Remembering" und seiner markanten Stimme und Akustikgitarre in sein Solo-Konzert am 19.04. ins Ampere locken. Doch er ist nicht nur Sänger, Gitarrist und Pianist, der Typ labert, labert und labert. Mich interessiert nur sein Gequassel über seinen Achselschweiß genausowenig wie die soundsovielte Zerredung des expliziet erwähnten Stücks "4'33" von John Cage. Caplan redet, redet und zerredet das Niveau, das diverse seiner Songs definitiv nachweisen. Eine Schar hauptsächlich 20-somethings begeisterte sein derartiger Auftritt merkwürdigerweise.

Chuck Prophet - Riffs und Nachtschwarzes

Das, was den Charm der legendären L.A.-Psychedelic Roots-Rockband Green On Red einmal ausmachte, war hauptsächlich Chris Cacavas und Dan Stuart zuzuschreiben. Wenn auch Chuck Prophet seinen erheblichen Teil am Gelingen der Band im Americana-Sektor beitrug. Am 21.04. ging ich in München in den Milla Club zu einer Show von Chuck Prophet and The Mission Express. Prophet spielt straighten angefolkten Rock'n'Roll mit Band und Gattin Stephanie Finch an der Orgel mit etwas Psychedelic-Touch- live gerade bei der Panic In The Temple Tour 2013 und  genauso auf der vor einem Jahr veröffentlichten CD "Temple Beautiful", wie aber natürlich schon immer. Im Konzert von Prophet fehlt die Generation der 20-jährigen weitgehend und hauptsächlich Insider mit der Kenntnis und Erfahrung des Werks von Green On Red und der Songwriter dieser Generation lassen sich auf die Musik ein. Prophet, Sänger und Gitarrist, ist eher ein Mann der wenigeren Worte mit einem um so breiteren Grinsen oder Lachen im Gesicht und jedenfalls mit überzeugend energetischen und packenden Gitarrenläufen und Riffs. Wer statt Freunde auf beiden Seiten eher Feinde auf beiden Seiten hat kann sich zwischendurch vielleicht mal bei einem Konzert von Chuck Prophet die Energie des Rock'n'Roll und der schnörkellosen Songs reintun wie "The Left Hand And The Right Hand" oder "White Night, Big City". Eigentlich möchte ich dann mal Graham Parker sehen.


www.chuckprophet.com
www.bencaplan.ca
www.larkinpoe.com

veröffentlicht: www.skug.at

Sunday, April 14, 2013

 Der unprätentiöse 49 Americans Pop-Stilmix

Die Wiederveröffentlichungen der beiden 49 Americans-Alben  "We Know Nonsense"  und "E Pluribus Unum" der frühen 1980er Jahre ist eine erfrischende Sache. Andrew "Giblet" Brenner brachte damals als Bandexperiment Musiker und Nicht-Musiker zusammen um Musik in Verbindung mit Demokratischem wie Gleichheit auszuprobieren. Eine Band im konventinellen Sinn waren die aus hauptsächlich englischen Musikergrößen und ergänzenden No-Names formierten 49 Americans nicht. Es gehörten u.a. dazu David Toop, Steve Beresford, Lol Coxhill, Peter Cusack, Viv Albertin, Vivien Goldman und Brenners Mutter.
Die 49 Americans-Experimente, ein Stilmix in dem postmodern Doo-Wop-artiges bezeichnend war und Disco-, Samba-Elemente, No Wave und New Wave hineinspielten, bleiben zwar happy-go-lucky-Liedgut, aber das im anspruchsvollen popmusikalischen Sinn. Hübsche Melodien, wie besonders coole Saxophonlinien, kommen zusammen mit allen möglichen kleinen Schrägheiten und unprätentiösen Rhythmus- und Textspielereien. Könnerhaftes und Dilettantisches war gleichermaßen erlaubt.Verspielte Verwandte im weiteren Umfeld von  Red Crayola, den Slits und Konsorten waren die 49 Americans. Und sie trafen sich, einfach weil es ihnen Spaß machte, das Spielen, Und sich dabei nicht allzu ernst zu nehmen und vor allem zu überraschen war die Devise. Das dann aber ernsthaft um dem Individuellen einen Platz zu sichern. Daran darf auch jetzt weitergebastelt werden, musikalisch, demokratisch und überhaupt und mit den 49 Americans-Songs.

"We Know Nonsense"
"E Pluribus Unum"
49 Americans
(Sraubgold)

veröffentlicht: www.culturmag.de

Wednesday, April 10, 2013

Kevin Coyne: Ein Songwriter, der riskant spielte mit harten Themen, bösen Abgründen, künstlerischen Exzessen und tiefem Sarkasmus...

Ein Kurzporträt des Musiker Kevin Coyne gibt es von mir bei textem und culturmag und nachlesbar auch hier auf meiner eigenen Seite: Kevin Coyne-Porträt

Das Frühwerk von Kevin Coyne ist teilweise in den vergangenen Jahren wiederveröffentlicht worden. Die jüngsten Re-Releases von Kevin Coynes Songwriter-Anfangsphasen:

Zu Beginn des Jahres 2013 wurde "Case History" aus seinen ersten Musikerjahren von Cherry Red Records neu aufgelegt. Und die aus der Verbindung mit seiner damaligen Band Siren stammenden LPs sind seit Ende 2012 ebenfalls durch dieses Label wieder erhältlich. Es gibt dort seit vergangenen Sommer auch "Nobody Dies in Dreamland: Home Recordings 1972" von Kevin Coyne.
Zudem ist die 4-CD-Box »I Want My Crown – The Anthology 1973–1980«, 2010 von Virgin herausgegeben, gute Information über die exzellente frühe Londoner Zeit.


veröffentlicht:
www.culturmag.de
www.textem.de

Saturday, April 06, 2013

Thom Hell Schulter an Schulter mit den Schwestern von Larkin Poe

Aus den Lovell Sisters, die bis 2009 aktiv waren, ging die Band Larkin Poe durch zwei Lovells hervor, benannt nach deren Urgroßvater. Alt-Country in der Form von Girl-Country, und das mit Betonung von Harmoniegesang, Mandoline und  besonders Lap Steel Guitar. Vielleicht konservativ in der Instrumentierung, aber mit einer Prise Neo und Progressiv im Gesamtkonzept. Larkin Poe begann mit vier Platten, die einfach nach den Jahreszeiten benannt wurden. Und Larkin Poe spielte immerhin schon im Vorprogramm von Elvis Costello.
Nun ist in Kollaboration mit dem norwegischen Musiker Thom Hell "The Sound Of The Ocean Sound" erschienen. Mit astreinem Songwriting und Folkrock. Die Schwestern  Rebecca und Megan Lovell, Jessica aus frühen Lovell Sisters-Zeiten ist nicht mehr dabei, und Thom Hell, der zuvor mit Marit Larsen zusammenarbeitete, sind für Ohren, die Puristisches mögen. Und das dann gerne mit einem kritischen, frischen und durchaus melancholischen Touch. Wenig Frauen profilieren sich so an der Lap Steel, wie es Larkin Poe tatsächlich exzellent gelingt. Genau das ist auch die Stärke der Band und unterscheidet sie aufs Beste vom Gros der anderen Singer/Songwriterinnen.
Kann sein, dass manches etwas melodiös geraten ist. Dies jedoch ist wie makellos und durchaus mit passablen Texten. Wie die Lyrics von Megan Lovell, die auch die Lap Steel spielt. Sie insbesondere prägt den Sound, auch wenn die Mitmusiker, zu denen außer ihrer Schwester noch Mike Seal, Daniel Kimbro und Gäste gehören, nahezu Perfektionistisches beitragen. Wie etwa so: "...Even so - dear, without you / I'm a ship that is lost to the land..." ("Shoulder To Shoulder"). Aber na ja, schon romantizistisch.

Larkin Poe & Thom Hell
"The Sound Of The Ocean Sound"

www.larkinpoe.com

veröffentlicht:  www.melodiva.de

Thursday, March 28, 2013


Märzwinter
Collage: © Tina Karolina Stauner

Sunday, March 24, 2013

Jason Molinas Gedankenwelt vom sogenannten "The Black Album" bis "Autumn Bird Songs 10”

Der Songwriter Jason Molina lebt seit diesem März nicht mehr. Er wurde 39 Jahre alt. Ich nahm seine durcharrangierten - dies zwar meist sparsam - Aufnahmen und Live-Einspielungen mit Band bisher einfach wahr wie die von vielen anderen passablen Songwritern. Molina begann in den 90er Jahren mit dem Projekt "Songs: Ohia" und spielte später mit Magnolia Electric Co. Mit der Mini-LP "Autumn Bird Songs 10” veröffentlichte Molina im Herbst 2012 eine CD, die er wie ein Demo-Tape solo mit akustischer Gitarre einige Jahre zuvor schon aufgenommen hatte, bevor er er sich aus gesundheitlichen Gründen zurückzog. Auf "Autumn Bird Songs 10” wurde ich nun aufmerksam, weil Molina tatsächlich heraussticht mit diesen Aufnahmen und sich von vielen anderen um manches abhebt. Eine stark melancholische, beunruhigende Grundstimmung prägt zusammen mit einer gewissen fast beängstigt machenden Härte dieses Album. Das aber gleichzeitig ungemein kraftvoll wirkt und zeigt, welche Klasse Molina eigentlich hatte und zu was für exzellenten Interpretationen seines Songwritings er fähig war. In "Owl & Raven" heißt es: "...Owl and the raven in the pine / Old ghost in the valley, watch / I will drown the light, draw the star / And follow the blues back to you...". Der Illustrator William Schaff ergänzte Jason Molinas Songs mit seiner Arbeit “From Black Sheep Boys To Bill Collectors- The music-related artwork of William Schaff” und es wurde dem Booklet Text hinzugefügt von Will Sheff, John Darnielle und Darren Jackson. Schaff arbeitete auch schon in früheren Jahren für Molinas Band Magnolia Electric Co.
Molinas Songs sind nun online anhörbar: live.magnoliaelectricco.com


(Artwork: The Magnolia Demos)

www.magnoliaelectricco.com

veröffentlicht: www.culturmag.de

Saturday, March 23, 2013

Musikalische Facetten der Fantasiewelt der Isländerin Ólöf Arnalds

Aus einer Überdosis von irgend einer Art unerträglichem Alltag lässt sich mit Ólöf Arnalds wundersam-fantasievollem musikalischen Kosmos wieder ganz herausfinden. Die Isländerin Arnalds singt mit glockenklarer, heller Stimme Folksongs, die einer merkwürdig entrückt-verrätselten Welt angehören. Ihr jetzt erschienenes drittes Album "Sudden Elevation" wurde bereits 2011 in einer Hütte in Hvalfjördur in Island zusammen mit Skúli Sverrisson aufgenömmen und scheint bevökert von Fabelwesen und deren Geschichten, die eigentlich aber Menschen sind. Zuhörer  finden sich in einer Formvon Märchenstunde für Erwachsene wieder. Menschliche Gefühlwelten können unendlich ins Abgrundtiefe und Himmelhohe führen und mehr. Ein Leben ein ganzes Stück entfernt vom Rationalen sein. Das transformiert Arnalds in Musik. Arnalds ist ausgebildete Violinistin, aber entwickelte sich zur Multinstrumentalistin und ihre Stärke ist auch die Stimme, die einer abgehobenen Sphäre anzugehören scheint. Die Songs haben manchmal einen kleinen Moment von mittelatlerlichen Liedern und können gleichzeitig etwas noch unentdeckt Zukünftiges widerspiegeln. In einem Irgendwo und keinesfalls im Hier und Jetzt. Es bleibt der Fantasie überlassen, wo und wann.  Es sind jedenfalls Folksongs, sparsam arrangiert zu akustischer Gitarre und u.a. Charango, Koto, Bass. Und Arnalds befindet sich in Verwandschaft zu Musikerinnen der 60ies wie Sandy Denny oder aktuell Joanna Newsom. Vielleicht klingen Arnalds Lieder eine Spur zu romantisch und zu naiv. Oder eigentlich ganz sicher. Aber zwischendurch im nicht falschen Moment, so sich dieser findet,  tun sie ihre richtige Wirkung. In "German Ground" singt Arnolds: "Feathers over German Fields / her face / suddenly touched our untouched /school ground / with love and hate...". Und in "Perfect" teilt sie mit: "Now the wheel within / slowly started to turn / Soon to connect with the others / around it //  And the spiral is reversed / Do you dare to be so blessed? // Why? / Oh well /Some things remain a mystery..." Es ist eine ganz eigene, in sich versponnene Welt, in der Arnalds einem einige Kleinigkeiten über Facetten des Leben vermittelt, die man sonst vielleicht gar nicht bemerkt. "Sudden Elevation" ist eine Art "school ground" für die Fantasie und es öffnen sich Türen wie in andere Realitäten um gelegentlich mal hineinhören zu können.

www.olofarnalds.com

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Saturday, February 23, 2013

Harmolodic und der Vertrautheitsfaktor - James Blood Ulmer

James Blood Ulmer Black Rock Experience bzw. Odyssey feat. Queen Esther, Unterfahrt München, 29.01.13

Gitarrist und Sänger James Blood Ulmer hatte beim Konzert in der Unterfahrt die Sängerin Queen Esther mit dabei, die wie er aus den Südstaaten der USA kommt. Anders als angekündigt war am Schlagzeug G. Warren Benbow und an der Violine Charles Burnham. Die Formation Black Rock kennt man in anderer Besetzung. So sollten auftreten Mark Peterson und Grant Calvin Weston.
Reizvoll fand ich sofort, dass der Violinist Charles Burnham mit auf der Bühne war. Das ist dann aber eigentlich nicht Black Rock, sondern das 1983 gegründetes legendäre Trio Odyssey, stellte ich fest. Von dem auch einige besonders nenneswerte Alben stammen. Charles Burnham kennt man auch vom Zusammenspiel mit z.B. Cassandra Wilson, Henry Threadgill und Warrren Benbow spielte mit Nina Simone, Betty Carter u.a. Queen Esther, die eine Vier-Oktaven-Stimme hat, sang beispielsweise für Hubert Sumlin.
Aufregend neu ist die Mixtur aus Blues, Rock, Funk, Soul, bei der James Blood Ulmers speziell für Harmolodic gestimmte Gitarre wesentlich ist, nun nicht mehr wie damals, als Harmolodic erstmals aufzutauchen begann. Aus dem Ungestümen und Rohen von Odyssey-Zeiten ist etwas gut und als altbekannt Eingespieltes, Versiertes geworden.  Harmolodic ist mittlerweile in weiteren Kreisen bekannter und konnte dabei so manchen Ohren vertrauter werden. Nicht nur Insidern. Harmolodic klingt vielleicht auch selber etwas gemäßigter. Und weniger ungestüm und wild. Vielleicht ist das aber auch nur bei mir so, die Harmolodic über die Jahre beobachtet und ständig gehört hat. Natürlich auch das Werk von Ornette Coleman, von dem James Blood Ulmer einst in Zusammenarbeit entscheidend inspiriert wurde. Und durch den Ulmer stilprägend seinen Free-Funk entwickeln konnte.
Autonomie und alternative Strukturen waren zu Beginn der Harmolodic tonangebend. Doch dass die Musiker der Harmolodic Teil des Musicbussines wurden und durch die Institutionen gingen ist auch an deren Musik nicht ganz spurlos vorbeigegangen. Ornette Colemans Theorien waren so ziemlich das Gegenteil dessen, was allgemein an Musiktheorie gelehrt wurde. Und frei behandelt auch Ulmer die Stimmung und das Spiel seiner Gitarre. Bevorzugte Gitarren von Ulmer sind seit einer Weile schon Gibson und Steinberger.
Aber auch wenn bei der Harmolodic das, was man als Feeling bezeichnet, entscheidend ist, so ist die Harmolodic doch ein Gedankengebäude. Wenngleich kein integrales System im Europäischen Sinne. Nicht kodifiziert, nicht hierarchisiert. Man kann Harmolodic ein offenes Reservoir an Verfahren nennen. In dem Ulmer seinen ureigenen Weg geht.
James Blood Ulmer betont in diesen Jahren gerne den Blues und nicht mehr so sehr den exzessiven Free-Funk. So sah ich den jetzt 71-jährigen bei Shows öfter zurückhaltener als früher. Diesmal aber ging er nun auch wieder in extrovertiertere Spielarten seiner Persönlichkeit. Und ließ dabei an seiner Seite ergänzend Queen Esther als Vocalistin eine wichtige Rolle. Die diese auch souverän wahrnahm. Und Ulmers Songs gekonnt bereicherte. Den Sound von Odyssey kennzeichnet vor allem auch das starke und besondere Einsetzen der Violine und macht ihn zusammen mit Ulmers schroffer Gitarre völlig unverwechselbar.
Im verhalteneren Anfangsteil des Konzerts bot Ulmer gleich nach "White Man Jail" dann "I Can' t Take it Anymore". Später dann ging er bei "Devil Got to Burn" aus sich heraus wie von mir lange nicht mehr gesehen und spielte darauf "Show me Your Love". Ulmer beendete den Set dann mit "America". Natürlich: Harmolodic ist made in America. Ulmer gehört zu den Jazzrevolutinären und seine Einzigartigkeit steht nicht in Frage. Er zelebriert dies. Aber viele begreifen dabei vermutlich nicht, dass die Bedeutung von Harmolodic eine ganze Musikphilosophie ist. Sogar eine soziale Utopie. Sogesehen ist Ulmer eigentlich mit einigen anderen Mitstreitern Verbreiter einer Mission.

Info James Blood Ulmer

veröffentlicht: www.kultura-extra.de

Friday, February 22, 2013

Eine blasse musikalische Sache -"Pale Green Ghosts" von John Grant

John Grant sagt mir mit "Pale Green Ghosts" musikalisch überhaupt nichts. Das 80s- und New Wave-ige in seinen Arrangements kann ich zum einen nicht ab. Und zum anderen ist es bei ihm auch tatsächlich nicht überzeugend eingesetzt. Wenn er das Elektronik-lastige zurücknimmt beginnt er als Singer-Songwriter zu wirken und man könnte sich für das, was er wahrscheinlich zu sagen hat, interessieren. Sein Potential zeigte er jedenfalls bei Solo-Performances. Zu Zeiten seiner früheren Formation The Czars konnte er noch als mehr als ein farbloser Geist halbwegs stimmig sein. Wenigstens für völlige und ausschließliche Indie-Rockfans. Zu denen ich aber nicht unbedingt gehören wollte. Grant lebte in u.a. New York, London, Berlin bevor er nach Reykjavik in Island zog. Um dort dann eingeladen von Birgir Þórarinsson, a.k.a. Biggi Veira von Iceland’s electronic pioneers Gus Gus das Album "Pale Green Ghosts" aufzunehmen gemeinsam mit diversen isländischen Musikern. Vielleicht eine gute Idee, aber das Ergebnis ist so aufregend nicht. Grant erzählt über sich und sein Leben: “I’d take the I-25, between Denver and Boulder, which was lined with all these Russian olive trees, which are the pale green ghosts of the title: they have this tiny leaves with silver on the back, which glow in the moonlight...The song is about wanting to get out of a small town, to go out into the world and become someone and made my mark.” Es ist ihm nur leider mit "Pale Green Ghosts" nicht gelungen wie gedacht. Vintage synth-pop und industrial dance gehen mit seinem Songwriting nicht wirklich zusammen. Mag Electronica ein Teil seiner Persönlichkeit sein, wie er sagt, so zeigt er doch nicht Stärke in diesem Genre. "Pale Green Ghosts" bleibt eine blasse Angelegenheit. “Moving to Reykjavik, at the age of 43, was incredibly risky and scary,” teilt Grant mit. Es hat ihn musikalisch nur nicht weitergebracht.

www.johngrantmusic.com

Thursday, February 21, 2013


Folksongs wie Wachträume von Luai

Da hält sich offensichtlich ein unbekleidetes weibliches (oder androgynes?) Wesen tagträumend mit geschlossenen Augen über Wasser in einer merkwürdigen Siedlung in der die ganzen Straßen überflutet sind und dürre Rauch-Zweige von Kaminen aus in den Himmel emporstreben. Jedenfalls auf dem gezeichneten Coverdesign von "Boulder Thicket", der aktuellen Veröffentlichung von Luai. Luai ist die Finnin Saara Markkanen zusammen mit  Mitmusikern.
Auf "Boulder Thicket" hört man fragile und spröde Folkmusik. Zwar wie man sie immer wieder von allen möglichen mehr oder weniger interessanten Leuten angeboten bekommt. Doch: Luai ist eine herausragende Ausnahmeerscheinung. Es gibt Momente, da möchte man fast an Nick Drake denken. Introspektiv versponnen oder auch verhalten swingend klingen die Songs von Luai. Hübsch und manchmal leicht schräg. Und jeden Moment wie kleine Kostbarkeiten.  Luais Lieder konnten mich vom ersten Kontakt an in den Bann ziehen.
Saara Markkanen lebt derzeit in Berlin und spielt erst seit einigen Jahren akustische Gitarre, was sie sich einfach beim Songschreiben beigebracht hat. Die Lyrics handeln von Befindlichkeiten. So etwas verarbeiten auch andere Musiker zu Stücken, aber nicht immer so schwebend schön wie bei Luai.  Markkanen schreibt über nebensächliche Kleinigkeit oder große Gefühle gleichermaßen. Klingt dabei altklug naiv. Weiß beispielsweise etwas über Einsamkeit: "...I knew how to give / but not to receive / Lonely as alone can be / I am full of empty sounds laying around / Lonely as alone can be." ("Lonely As Alone Can Be") Oder etwas, das mit dem Coverbild korrespondiert: "...too much of everything / enough of nothing / I stand still as the rivers flow by / In the middle of it all I forgot to ask why // I travelled far to meet all my tomorrows / only one greeting me was my past / running away from all the sorrow / I travelled far and I travelled fast..." ("Nobody Is An Island") Und weiß noch vieles mehr zu berichten. Das zu akustischer Gitarre, Bass, Perkussion,  Piano, Cello und Holzblasinstrumenten erzählt wird. Luai ist ganz sicher etwas Besonderes im Meer des Songwriting.

Luai
"Boulder Thicket"

www.saaramaija.tumblr.com

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Friday, February 15, 2013

Dem Jazz total ins Netz gegangen - junge deutsche Jazzband, alter Herr des amerikanischen Jazz und außerdem eine internationale Jazzlabelgeschichte: Ebene Null, Wayne Shorter Quartet und ECM.

"Ebene Null ist die Summe seiner Einzelteile. Sie ist oberhalb und unterhalb, überall und nirgendwo zugleich. Sie verteilt sich wie blauer Dunst. Sie ist einfach sie selbst ohne zu fragen. Wenn ich ein Stein wäre würde ich mich zu ihr legen" (Lucas Leidinger)

"Ich meine ja, dass nichts wirklich zum Ende kommt (...) Wir versuchen das Beste der Klassiker als eine Art Licht zu nutzen, das den Weg ins Ungewisse erhellt." (Wayne Shorter)

"Musik ist das Zentrum, und alles verzweigt sich von hier aus, hierher kehre ich immer wieder zurück: in die Konzertsäle, Kirchen und Studios...Bei Musikaufnahmen sollte jene unverwechselbare Atmosphäre entstehen, die den Wunsch weckt, etwas zu verändern oder, wenn notwendig – besser, vollkommener zu machen..." (Manfred Eicher)

Leichtes Kaliber - Ebene Null

Ebene Null nennen sich die Kölner Jazzer Lucas Leidinger, Christoph Möckel, Stefan Berger, Max Andrzejewski. Pianist Leidinger sagt über die erste CD "Wandertrieb" der Band: "Sicher ist es Jazz. Aber es könnte auch etwas ganz anderes sein...." Ist es aber nicht. Aber dass es Jazz ist genügt in diesem Fall tatsächlich eigentlich. Nullebene, ein Bautechnikfachbegriff, ist die Oberkante von  Erdgeschossfußboden. Oder im Speziellen was die Band betrifft inspiriert durch Ebene Null einer Tiefgarage. Im Jazz von Ebene Null ist das dann musikalisch eine gradlinige Klarheit mit einer ständig wachsenden Summe von Möglichkeiten, kann man so definieren. Aber die Stücke entspannen beim Anhören einfach und können fast gute Laune machen. Man kann bei "Schwarzes Wollknäuel" sich vielleicht verspielt wie eine Katze fühlen. Oder sich bei "Traumfänger" an einem Nachmittag in Gedanken verfangen. Und die Musik auch einfach ins Ohr stöpseln wenn man ziellos Straßen entlangspaziert auf Nullebene...einfach nur Jazz, ganz gut und: ein leichtes Kaliber.

Drahtseilakt - Wayne Shorter Quartet

Eine eher schwere  Ladung Musik und ein starkes Pegel im Jazz ist Wayne Shorter mit seinem Quartet. Seine aktuelle CD "Without A Net" ist nach 43 Jahren eine Rückkehr zum Label Blue Note bei dem seine ersten Aufnahmen schon 1959 für Art Blakey auftauchten. Wayne Shorter ist mittlerweile 80. Und man sollte sich die älteren Herren des Jazz anhören jetzt, wenn sie leben, dachte ich mir. Und pickte Shorter aus dem CD-Stapel. Ich, die von Shorter immer nur nebenbei Kenntnis genommen hatte. Denn: Ich habe mir schon immer viel Free Jazz gegönnt, aber habe noch nie Fusion gemocht. So habe ich bis jetzt Shorter jedenfalls am Rande als Sideman von Miles Davis hören können und habe halt zufällig hie und da von seiner Arbeit mit Weather Report was mitgekriegt.
Bei Wayne Shorter und seinem seit Jahren bestehenden Quartet wird Jazz schon mal Drahtseilakt genannt. Musik, bei der es um eine Sphäre völliger Offenheit gehen kann mit Raum zwischen den Tönen, um Höhen und Abgründe , Neugierde, Geheimnisse, Bewegung, Suche, "Wenn wir rausgehen um zu spielen, kennen wir die Antwort nicht", so Shorter. Es bereichert die Sensibilität die Perfektion des Quartets, bei dem Danilo Pérez, John Patitucci und Brian Blade mitspielen, zuhörend zu erforschen und deren musikalische Wege und so manche Hochseilakrobatik mitzuverfolgen. Einmal ergänzt auch durch das klassische Bläserquintett Imani Wind. "Whitout A Net " sind Live-Mitschnitte aus dem Jahr 2011. Neben gerade entstandenen Stücken taucht auch Material früherer Jahre auf wie "Orbits" vom Album "Miles Smiles" und "Plaza Real" von Weather Report. Und zwar in absolut spannend-heutiger Improvisation. Harmonischen Jazz mag ich selten hören, aber ein Tenor- und Sopransaxofonspieler wie Shorter ist zugegeben jedenfalls genug abenteuerlich und fesselnd. Kennt im Ton mit einfühlsamer Wärme und extremerer Schärfe, Details und Leerstellen und gut auch die einen oder anderen Sprödheiten faszinierend gekonnt umzugehen und sich Freiheiten zu nehmen und anzubieten. Und eine Nachmittagsstunde profan gesagt zu verschönen. Sollte man wohl zu schätzen wissen. Sich genießend in so einen edlen Klangraum zu begeben. Anspieltipp das kurze und neue "Myrrh".

"Alles, was gesagt worden ist,  ist offen für Veränderung" (Wayne Shorter) - eine metaphysische Diskussion...
 

"Jazz kann so vieles sein. Und manchmal ist Jazz eben einfach nur Jazz. Nicht mehr, nicht weniger, und fertig! " (Ebene Null)

www.ebenenull.de
www.wayneshorter.com

Aber schon bin ich wieder bei Free Jazz, Improvisation und Avantgarde...

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Monday, February 11, 2013

ECM-Ausstellung
Foto: © Tina Karolina Stauner


Repeating - "a cultural archaeology": ECM


Am letzten Ausstellungstag ging ich noch in die ECM-Ausstellung im Haus der Kunst. Aus einem eisig-kalten, sonnigen Februarnachmittag kommend geriet ich als erstes als zufällige Auswahl in das schmale, abgedunkelte Klangkabinett mit Musik von Wadada Leo Smith. Und ließ mich dann von Eindruck zu Eindruck durch die Ausstellung treiben. Ich erlebte in knapp zwei Stunden meine eigene Collage aus Bild und Musik entstanden aus der Ästhetik, die ECM anbietet.
Dunkle Klangkammern mit Filmen und Installationen und kleine Klangkabinette mit Musik gab es bei ECM im Haus der Kunst. Und zu sehen waren auch Mastertapes, Notenblätter, LP-Cover und Cover-Entwürfe und natürlich Fotos von z.B. Roberto Masotti von Jazzgrößen wie z.B. Carla Bley, Keith Jarrett, Keith Rowe und und und. Das Ganze ein akustischer, audiovisueller Zugang zum ECM-Label und wie der kulturelle Austausch zwischen Europäern und Amerikanern durch die Jahrzehnte funktioniert hat.
Das Label ECM (Edition of Contemporary Music) gibt es seit 1969. Gegründet von Manfred Eicher in München um improvisierte und Avantgarde-Musik einzuspielen.
Repeating ist ein Stichwort zur Ausstellung, das ich aus dem Video Essay von The Otolith Group "People To Be Resembling" von 2012 habe. Wir sind mit dem Codona-Trio, bestehend seit 1978, nun bei Post-Free Jazz und Pre-World Music. Im Nebenraum Free Jazz der 60er Jahre mit Albert Aylers "Spirits Rejoice" aus dem Jahr 1965. Und in einem anderen Bereich der Film "Ellis Island" von Meredith Monk von 1981.
An einer Vitrine steh ich dann vor dem aufgeschlagenen LP-Cover von "Dolmen Music" von Meredith Monk. Ich erinnere mich an den Stapel Platten auf meinem Schreibtisch, den ich von Bekannten von Bekannten hatte, und in dem ich auf "Dolmen Music" stieß. Das ich fortan als Cassettenmitschnitt hatte und wieder und wieder hörte. "Dolmen Music" wurde 1981 bei ECM veröffentlicht. Eine LP, die meine Hörgewohnheiten mit prägte.

Zur Ausstellung veröffentlichte ECM ein Buch mit umfangreicher Fotopräsentation und informativen Texten: "ECM - Eine kuklturelle Archäologie" herausgegeben von Okwui Enwezor und Markus Müller (Prestel Verlag, München)


www.hausderkunst.com
www.ecmrecords.com

Weißer Morgen eines Februarwintertags
Foto: © Tina Karolina Stauner

Monday, January 28, 2013

Kokett und Oldschool-mäßig - die Songwriterin Nataly Dawn

Nataly Dawn schreibt ganz amerikanisch Oldschool-haft als Songwriterin und nimmt klassisch mit Band in einem Raum auf. Dawn ist aber eine junge Frau, die in Frankreich aufwuchs, dann in den USA ein Universitätsstudium Kunst und Literatur absolvierte. "How I Knew Her" ist ihr zweites Soloalbum. Der Sound ihrer Band verweist auf die grobkörnige Unmittelbarkeit traditioneller Folkmusik mit bluesigen Einsprengseln. Dawn wirkt wie college gratuated einerseits, streetwise andererseits. Eine spannungsgeladene Mischung. Dawns Stimme ist kraftvoll bissig, mal hell mal dunkel, und sie gibt sich dabei teils auch kokett sophisticated und spielerisch smart. "How I Knew Her" klingt oft ein bißchen nach Aufnahmen von Sam Phillips, was keineswegs nachteilig ist. Vermutlich hat Dawn auch einige Ahnung von der Songwriterszene in Los Angeles. In Kalifornien lebt sie derzeit. In Dawns exzellenter Band fällt prägend der Gitarrensound auf. E-Gitarrist ist Ryan Lerman. Man findet ihn auch an Banjo und Mandoline. Dawn selber spielt auf der CD akustische Gitarre und einmal Piano. Die Gitarrenarbeit von Lerman und Dawn wird immer wieder stark rhythmisch und kantig. Das Backing von Louis Cole und Matt Chamberlain am Schlagzeug ist sparsam, eckig und klar, der Standbass von David Pitch ruhig und warm. Manche Songpassagen betonen Streicher und Bläser. Die Instrumentalisten der Band arbeiten außer mit Dawn mit namhaften Musikern wie z.B. Bill Frisell, Bonnie Raitt oder K.D. Lang zusammen. Dawn und Band sind sich ihrer musikalischen Präsenz spürbar sicher. Man höre sich nur mal "Back To The Barracks", "Caroline" oder "Please Don't Scream" an. Nataly Dawn entstammt dem Duo Pomplamoose, das sie vor ihren Soloveröffentlichungen mit Jack Conte zusammen formierte. Beide begannen 2008 independent über das Internet. Conte hat das vielversprechende "How I knew Her" produziert. Das in den Prairie Sun Studios in Cotati in Kalifornien aufgenommen wurde, wo zuvor einige von Dawn's Lieblingsalben von Tom Waits entstanden waren. Und sehr eigenwilligen Charakter zeigt entsprechend auch Nataly Dawn.

Nataly Dawn
"How I Knew Her"
(Nonesuch Records)

 www.natalydawn.tumblr.com

veröffentlicht:  www.melodiva.de

Sunday, January 27, 2013

Mary Gauthier: eine sensible Geschichtenerzählerin mit akustischer Gitarre  -  country noire

Mary Gauthier stammt aus New Orleans und lebte von ihrem 15. Lebensjahr an eine Zeit lang mehr oder weniger auf der Straße, jedenfalls in Wohnraum, der ihr nicht gehörte, und in dem, was man seit einer Weile Queerszene nennt. Studierte aber dann doch noch Philosophie und kulinarische Kunst und führte ihr eigenes Cajun-Restaurant. Sie hat spät mit 35 Jahren begonnen Songs zu schreiben. Ihre souveräne Singer-Songwriterseite stellt die 50-jährige Musikerin mit der jüngsten CD "Live At Blue Rock" vor. Eingespielt in der Blue Rock Artists Ranch bei Austin in Texas zusammen mit Tanja Elizabeth an der Fiddle und Mike Meadows an den Percussions. Mary Gauthier selbst ist eine einfühlsame Sängerin und Gitarristin und ihre akustische Gitarre spielt sie im traditionalistischen Songwritersinn. Gauthier erzählt Geschichten von einfachen Leuten, schwierigen Außenseitern, individualistischen Szenegängern. Vieles hat sie wahrscheinlich selbst gesehen, manches selbst erlebt. In der inner city oder der countryside. So wie in "Drag Queens In Limousines"  oder "Sugar Cane" bei Genderqueers oder Proletariern.
"...Cane smoke can't be good for you day after day / Every year at harvest time when the black smoke filled the sky / Shed pick me up and take me home and make me stay inside // From Thibodaux to Raceland there's fire in the fields..."  (aus "Sugar Cane")

Mary Gauthier
 "Live At Blue Rock"
(Proper Records/Rough Trade)



www.marygauthier.com

veröffentlicht: www.skug.at

Monday, January 21, 2013




Architektur des Seitenflügels der Fünf Höfe in München, 2013
Fotos: © Tina Karolina Stauner

Sunday, January 20, 2013

Ein Kurzbesuch im Musikbereich durchaus nahe von Pop in dem ich sonst kaum zu finden bin: Schillernd-düster Traumhaftes von The Soft Hills

Wenn man die ersten Stücke der CD "Chromatisms" von The Soft Hills überspringt, gerät man von da an mit "Dear Mr. Moonlight" in das Schöne, das die Soft Hills dann doch einigermaßen hörenswert und individuell macht: somnambulen Post-Rock schwer zum Pop tendierend mit Ambienthaftem. Viel Hall im Gesang und je schleppender das Schlagzeug, je träger die Saiteninstrumente, je atmosphärischer der Moog-Synthesizer desto besser. Von den dunkleren Bereichen des Sonischen und Lyrischen wird berichtet: Da gibt es zeitreisende Vogelmenschen, einen aus dem Paradies vertriebenen Schizophrenen, ozeanische Traumtherapie, einen Brief an den Mond und dergleichen mehr. The Soft Hills wurden 2007 in Seattle von dem Singer-Songwriter Garrett Hobba gegründet und haben mit "Chromatisms" nun ihre zweite CD veröffentlicht. Mit Songwriting wie "The Gifts You Hide" oder "Mighty River" prägen sie sich ein und können manchmal ganz gut als Backing Sound passen. Es gibt aber doch die einen oder anderen Untiefen über die man bei der CD hinweggehen muß. Dann kann man immerhin in manch phantastische, mysteriöse Tiefe mit der Band zusammen eindringen.

The Soft Hills
Chromatisms

veröffentlicht: www.culturmag.de

Friday, January 04, 2013


www.zenhardedge.blogspot.com
 
Fotos: © Tina Karolina Stauner

Wednesday, January 02, 2013

Matmos-Ganzfeld-Sessions : "...brainwaves transmitted from my mind..." (Buzzcocks) - "So think"

Matmos, eine von M.C.Schmidt und Drew Daniel 1995 gegründete experimentelle Band aus San Francisco, die besonders auch mit Musique concrète, Geräuschen, Samples und Field Recordings und mit diversen Musikern arbeitet, veröffentlichen Ganzfeld-Sessions, Para-Psychologische Experimente, der vergangenen Jahre.
Mit "The Marriage Of True Minds" werden rhytmischer Pop, treibender Techno, Arrangements mit Synthesizern, lateinamerikanische Klänge, alle möglichen Soundquellen, cooles Nightclub-Ambiente, geometrische Kunst, verschiedenster Noise und schöne Melodien von Matmos in Kollaboration diesmal mit u.a. Nautical Almanac und the Arditti String Quartett zusammengestellt.
Grob skizziert: Während Videogefilmter psychischer Experimente im Haus von Matmos in Baltimore und an der Oxford University fragte man Testsubjekte, was sie sehen und hören. Grundprinzip der Ganzfeld-Untersuchungen ist: zwei Versuchspersonen sind räumlich getrennt. Eine Person wird von Umweltreizen abgeschirmt, während der anderen Person Bilder oder Videos gezeigt werden. Diese soll dann diese Information an die isolierte Person „senden“, die ihre Gedanken dazu mitteilt. Ganzfeld-Vorgehen sind wissenschaftliche Erforschung von Gedankenübertragung zwischen Gedanken-Sender, Gedanken-Empfänger und Versuchsleiter. Bei den Matmos-Sessions hörten Testsubjekte in sinnlicher Abgeschiedenheit "White Noise" auf Köpfhörern. Diese Ganzfeld-Arbeiten wurden in Matmos Denken übertragen.
Neun Songs von "The Marriage Of True Minds" sind das Ergebnis von ernsthaft bis ironisch seltsamem Ganzfeld-Herumgespiele zu strangem Electro-Pop und weirdem Noise transformiert. Beginn des Albums: Klavier, Percussions, Stimme: "Telepathy / We want to know...". Eine Adaption von "You" von Palais Schaumburg-Musikern geschrieben. Im hybriden Sounddesign von "The Marriage Of True Minds" von Romantik über Techno bis Metall werden auch Stimmen gefeatured.
 Insgesamt als fast unterkühltes, machmal regelrecht merkwürdig abweisend wirkendes, trotzdem wiederum doch auch als hübsche, einladende Spielerei bezeichenbares Album. Rotschimmernd hier und kleine und große grüne Pyramiden überall sprießend dort. Und endet da mit einem Buzzcock-Cover : "Do you believe in E.S.P? ...brainwaves transmitted from my mind..."

Matmos
 "The Marriage Of True Minds"

 www.vague-terrain.com

veröffentlicht: www.culturmag.de

Tuesday, January 01, 2013


Meine Jahreshighlights:

Einige nennenswerte Veröffentlichungen 2012

Platten:
Scott Walker - Bish Bosch
Sidsel Endresen & Stian Westerhus - Didymoi Dreams
review
The Avett Brothers - The Carpenter
Jack White - Blunderbuss
Bod Dylan - Tempest
Ry Cooder - Election Special
review
The Tallest Man On Earth - There's No Leaving Now
Leonard Cohen - Old Ideas
The Lumineers
Dr. John - Locked Down
Swans - The Seer
Paul Thorn - What The Hell Is Goin' On?
Jim White - Where It Hits You
Black Keys - El Camino

Konzert:
"Carte Blanche für Heiner Goebbels" - Kammerspiele München, 23.05.12
(Heiner Goebbels und das Münchner Kammerorchester, Dirigent Alexander Liebreich, und folgendes Programm: In the Country of Last Things (Goebbels, 1993/94) / Fünf Orchesterstücke (Hanns Eisler, 1938) / Befreiung, Konzertante Szene für Sprecher u. Ensemble (Goebbels, 1989) / Songs of Wars I have seen (Goebbels, 2002/2007), Suite für Ensemble mit modernem und historischem Instrumentarium (Deutsche Erstaufführung))
James Blood Ulmer solo  - Nightclub Bayerischer Hof München, 02.05.12

Literatur:
"Die Frage des Zusammenhangs - Alexander Kluge im Kontext" - Herausgegeben von Christian Schulte
"Die Rolling Stone Jahre" - Hunter S. Thompson

Ausstellung:
Erich Hartmann - "New York Stories, 1946-1957″  - Amerikahaus München,   29.05.-27.07.12
Ellsworth Kelly - "schwarz & weiß" -  Haus der Kunst München, 07.10.11-22.01.12

Theater:
Höhen und Tiefen beim Fassbinder-Festival des Residenztheater im Marstall im März 2012: "Postparadise Fassbinder Now". 4 internationale Produktionen, einige Filme und Gespräche zum 30. Todestag von Rainer Werner Fassbinder.
Ein Festival mit Stärken und Schwächen. Bestes Stück und tatsächlich exzellente Interpretation: "Die bitteren Tränen der Petra von Kant" am 03.03.12 in der Regie von Martin Kušej. Nennenswert auch: Showghoest-3 mit recht guten Songs und konzipiert von Jan Machacek am 10.03.12.

Veröffentlichung: culturmag Jahreshighlights
www.culturmag.de