Friday, December 28, 2012

 
Fotocollage: © Tina Karolina Stauner
Brisante Themen, stilvolles Ambiente, hohe Perfektion einerseits bei Premieren und totale Premierenkatastophe und -panne , wie bei "Die Anarchistin" in Regie von Martin Kusej durch Cornelia Froboess Zusammenbruch, andererseits im Dezember zum Jahresende 2012 im Residenztheater München.

Thursday, December 27, 2012

Der Mann als kriminelles Monster in einer verniveaulosenden Sensationsgesellschaft in Amerika - Szenen aus "Call Me God" im Residenztheater
Fotocollage: © Tina Karolina Stauner

 "Call Me God" im Marstall des Residenztheater München: Der Beltway Sniper in Regie von Marius von Mayenburg  in einer krassen Bühnenshow samt schriller Satire und Parodie  - Theatrale und mediale Inszenierung in einer fragwürdigen Gesellschaft.

"...wenn die wolken aufhören weiterzuziehen..." (Ostermaier)

Die Menschen sollten Idyllen haben. Nur Idyllen. Optimalerweise. Natürlich. Manche scheinen es dazu zu bringen und andere nicht. Ob Idyllen leichter zu haben sind wortlos oder wortreich ist vielleicht eine Frage. Tatsache ist aber nun leider, dass unsere Welt insgesamt keine reine Idylle ist und eine Gewaltspirale samt Unglück offenbar existiert, die sich dreht und dreht. Dies spiegeln die Medien tagtäglich wieder. Und zwar nicht wortlos.  Sondern bis hin zu wortgewaltig. 
Gibt es die Hoffnung der sogenannten Gewaltspirale entgegenzuwirken? Oder ist von allen längst alle Hoffnung aufgegeben. Auch von kritischen Kulturschaffenden?
Selbstverständlich wird auch in Kunst und Kultur Gewalt thematisiert. Als Korrektiv. Versteht sich. Um nicht das altmodische Wort Sozialkritik zu strapazieren. Nicht zuletzt im Theater befasst man sich mit den schwierigsten Stoffen. Ich habe vorbeigeschaut, wie es das Residenztheater derzeit bei der Inszenierung "Call Me God" tut: In Realismusfragmenten in einem länglich-schmalen, rechteckigen weißen Raum mit Tür, Fenster, Glasfront, entworfen von Nina Wetzel. Licht designte dazu Uwe Grünewald und die eingefügte Videoarbeit stammt von Sebastien Dupouey. Wahllos liste ich in der Reihenfolge einfach mal Begriffe zur Inszenierung auf. Eine Reihenfolge scheint beliebig so wie auch im Stück: Gewalt, Sex, Kunst, Ärzte, Gefängnis, Mord, Selbstmord, Todesstrafe, Wissenschaft, Medien, Tote, Lebende, Poesie, Prosa, Realität, Fiktion, Gefühle, Kälte, Monologe, Dialoge, Musik, Videos, Medikamente, Gift, Talkshow, Idylle, Zerstörung, Opfer, Täter, Moderator, Hysterie, Coolness, Überdruss, Langeweile, Sinnlosigkeit. Worte sind Worte sind Worte sind Worte. Bilder sind Bilder sind Bilder sind Bilder sind Bilder. Texte sind Texte sind Texte sind Texte sind Texte sind Texte. Vielleicht will der Konsument ein Worte-, Bilder- und Texte-Kaleidoskop in ständiger Bewegung in den Medien, der Kunst, damit er nirgends in der Realität in Ruhe mit Fakten konfrontierend überrascht wird, die er nicht aushalten kann, nicht aushalten will oder nicht ändern kann oder nicht ändern will? Weil also die Gewalt, die tatsächlich stattfindet, eigentlich längst ein unerträgliches Ausmaß hat. Schließlich: Dabeigewesen sein und eine Veröffentlichung haben, ein Buch etwa, das ist es, was interessant zu sein scheint. Bücher, die irgendwer liest, oder niemand. Geschichten, die am liebsten schnell wieder abgehakt sein sollten. Wie diese samt dem Theaterstück: „Call me God“ hatte ein Attentäter auf eine Tarotkarte notiert um 10 Millionen Dollar Lösegeld zu fordern.  Das war im Oktober 2002 gewesen. Als in Washington zwei Männer wahllos zehn Menschen erschossen hatten, drei weitere waren schwer verletzt worden. Der Ältere der beiden Serienmörder wurde 2009 hingerichtet, der minderjährige Komplize bekam lebenslänglich. Vier Theater-Schriftsteller, der Italiener Gian Maria Cervo, der Argentinier Rafael Spregelburd, Marius von Mayenburg, und Albert Ostermaier haben für "Call Me God" unabbhängig voneinander Texte zum Washington-Verbrechen und dem Thema geschrieben. Es ist eine Koproduktion mit dem Festival „Quartieri dell'arte“ in Viterbo, dem Festival „Romaeuropa“ und dem Teatro di Roma. Die Residenztheater-Dramaturgin Laura Olivi, eine Italienerin, hatte mit Gian Mario Cervo das Thema jahrelang in Planung.
Von Mayenburg stellt im Gespräch mit Ivana Garbage,  Autorin von "American Gladiator. Crime and Fame in American Postwar Society", die Frage : "Und die Opfer?" Während diese Autorin in der amerikanischen Presse"gemeine Sphinx" genannt wurde für ihre enthüllenden Äußerungen darüber wie Täter durch die Medien im Zentrum der Öffentlichkeit stehen in unserer Gesellschaft. "Der sinnlose Mord stellt den radikalsten vorstellbaren Verstoß gegen sämtliche moralischen Prinzipien dar...", beginnt sie. Cervo lässt wissen: "...Mein Teil des Textes inszeniert kleine Bewegungen und kleine Aktionen, die transversal mit den Beltway Sniper-Attacks in Zusammenhang stehen...". Spregelburd teilt mit: "...Vermutlich tue ich, wenn ich über einige der traurigen, verschwendeten Leben schreiben will, die es vor einem Jahrzehnt in den Vereinigeten Staaten gegeben hat, nichts weiter als mich einem eher lokalen Horror, einem naheliegenderen, gefürchteteren und vertrauteren Monster zu stellen: der Bürokratisierung des Bösen."  Ostermaier schreibt: "..dein magazin des glücks war schnell leer...".
Dass aus vier Perspektiven und Blickwinkeln betrachtet wird und auch dazu noch collagenartig, fast willkürlich, ineinandergeschnitten Bilder und Szenen gezeigt werden, entspricht der Intention, zu präsentieren, wie Medien und Unterhaltungsindustrie mit derartigen Themen umgehen. Die vier Schauspieler Katrin Röver, Genija Rykova, Thomas Gräßle und Lukas Turtur beobachtet man dabei in ständig extremem Rollenwechsel zwischen dutzenden involvierter Personen in die gesamte Verbrechensgeschichte in Radio- und Fernsehstudios, CIA-Büros, Verhörzellen, Notaufnahmen und an Tatorten.  An verbaler, psychischer und körperlicher Gewalt lässt die Regie es dabei an keiner Stelle fehlen. Die Fragen also: Wie gehen die Massenmedien mit der Thematik um? Wie die Politik? Und wie die Kunst und Kultur? Und wie ein Theater wie das Residenz in München?
"Die Öffentlichkeit hat ein Recht auf Information", lautet ein Satz im Theaterstück. Gleichzeitig wird die ganze Aufführung zur Lachnummer gemacht, auch die darin immanente Information. Der Regisseur Marius von Mayenburg bietet im Marstall das regelrechte zynische Ausnehmen des Themas. Vaudeville, Comedy, Slapstick, Splatter kommen dabei nicht zu kurz. Dass Gewalt nie und nimmer und nirgends eine Lösung sein kann, das bleibt dabei außen vor. Es wird so rasant inszeniert, so klischeeartig und knallbunt, dass man zum Nachdenken gar nicht erst kommen kann. Entlarvt wird zwar. Aber bei dieser grellen Show wird man zum Zuschauer gemacht um des bloßen Zuschauens Willen. Der Unterhaltungswert eben. Aber als Unwert. Dieses Spektakel so also nicht. Teueres Staatstheater. - Und aus einem einstmals kritischen Intellektuellen wurde oder wird flugs ein kommerzieller Konzernmitarbeiter.

(Explizite Anmerkung für geistig minderbemittelte Leser: Dies ist eine essayistische, sozialkritische Rezension eines Stücks eines Staatstheaters.)
www.residenztheater.de veröffentlicht:

www.aurora-magazin.at

Tuesday, December 25, 2012

Architekturdetails Westend München
Fotos: © Tina Karolina Stauner

Sunday, December 16, 2012

Zweimal Roots-Rock unzweifelhaft entscheidender Klasse: Paul Thorn und Crosby Tyler

Coverversionen mit Band statt solo Autobiografisches zur Akustischen von Paul Thorn

Paul Thorn war Tischler, Fallschirmspringer, Boxer bevor er Profimusiker wurde: Er zeigte sich bisher solo mit akustischer Gitarre oft genug ganz schön charismatisch. Der sogenannte "Mark Twain of Americana" jongliert seit Jahren gekonnt mit der Ambivalenz von Gut, Böse, Erfolg, Verzweiflung. Seine aktuelle CD "What The Hell Is Goin' On?", so lautet auch der von Elvin Bishop stammende, überzeugende Titeltrack des Albums, ist mit solider Band, namentlich Bill Hinds, Michael Graham, Jefffrey Perkins, Ralph Friedrichsen, eingespielter Roots-Rock. Teils musikalisch sehr auf's Mississippi Delta bezogen im typischen New Orleans Modus. Eine CD mit Thorns Lieblingssongs anderer Musiker. Veröffentlicht bei Blue Rose Music.

Solo mit akustischer Gitarre höre ich Paul Thorn aber lieber.

www.paulthorn.com

Crosby Tyler höchst hörenswert

Mit seinem Roots-Rock, in den ein gutes Maß an Bluegrass, Blues und Folk hineinspielt, trifft Crosby Tyler 100-prozentig ins Schwarze. Mit dem von John Chelew, der u.a. auch für Richaed Thompson arbeitete, produzierten "Lectric Prayer" gelingt Tyler ein superbes Nachfolgealbum des starken "10 Songs Of America Today". Traditions- und zukunftsbewußt gleichermaßen teilt Tyler seine Beobachtungen als Songwriter mit. Exzellente Mitmusiker sind Sara Watkins, Sean Watkins, Sebastian Steinberg, Don Heffington. Tyler sagt von sich: "It's always challenging to delve into your soul and psyche and dare yourself to release the comfort-ability that mocks most of us...There's only one reason for my new release "Lectric Prayer...It's to raise spirits. A spirit of belief, a spirit of I can, a spirit of I will, a spirit of I must. I'm a living example of it. I dived into a dark lagoon..." "Lectric Prayer" wurde 2010 veröffentlicht und ist über Bohemia Music erhältlich.
2011 hat Tyler ein Video mit dem sehr hübschen, solo akustisch gespielten Song "It Ain't Easy" folgen lassen.

www.crosbytyler.com

 veröffentlicht: www.skug.at

Sunday, December 09, 2012

Texte herausgegeben und ausgewählt von Alexander Kluge 

 Nächste Lektüre zwischen den Monaten: "Die Frage des Zusammenhangs" - Alexander Kluge im Kontext herausgegeben von Christian Schulte im Verlag Vorwerk 8. " Alexander Kluges Werk ist ein "work in progress", das sich über den permanenten Wechsel der Medien artikuliert." (Alexander Kluge") Kluge ist ein Sammler und Konstrukteur, dessen Phantasie sich an dem entzündet, "was andere schon getan haben" (Adorno), so die Verlagsinfo. Textauswahl und Autoren Band fragen u.a. nach dem Zusammenhang.


(Bild aus "Der Freitag" 2009)