Tuesday, March 04, 2014

Kleiner Überblick über Frauen im Jazz: aktuelle CDs von Isabel Sörling Farvel, Shoot The Moon und Hanna Paulsberg Concept - Drei neue Formationen, die von Frauen bestimmt werden

Minimalismus ist das Terrain der Jazzer Isabel Sörling Farvel mit Auslotung über  Genregrenzen in Free Jazz, Improvisation, Art Rock, Folk bis zum Bereich der Neuen Musik. Vokale Experimente und Atonales bilden Hauptmerkmale der Musik der Formation, die aus Stimme, Saxofon, Trompete, Piano, Bass und Schlagzeug besteht. Von fargilen, leisen Passagen, bei denen einzelne Instrumente  und der Gesang von Sörling sparsam eingesetzte Mittel sind, wird gewechselt in vollinstrumentierte, überbordende Grooves. Vom Unterkühlten und Zerklüfteten wird der Bogen gespannt in wild ekstatische Klangformen.
Betont ist allerdings insgesamt das Minimalistische, Sachliche, Nüchterne, was den Gesamtcharakter der 2013 von Isabel Sörling Farfel herausgebrachten CD prägt und deren Qualität und Eigenwilligkeit ausmacht, die sie vom Gros der Veröffentlichungen im Jazzsektor abhebt. Etwas spröde und unnahbar wirkt das Ganze und nimmt dann doch teilweise immer wieder packend in manche Parts der Stücke mit hinein.
Die schwedische Sängerin Isabel Sörling kann ihre Stimme fein Solistisch wirken lassen oder ins Musikalische einordnen beinahe wie ein Musikinstrument klingend. Wem Carla Bley oder Sidsel Endresen vertraut sind, wird auch Isabel Sörling Farvels Sound nicht zu fremd sein. "...don't say that I've been away / cause you don't know where I've been today..." singt Sörling und für weltoffene und freigeistige Menschen ist Sörlings Experimentieren und Stimmspielerei auch nichts zu Sperriges oder Abseitiges , sondern Jazz vom best Zeitgemäßen. Die fünf Mitmusiker Kim Aksnes, Otis Sandsjö, Henrik Magnusson, Alfred Lorinius und Carl-Johan Groth verstehen es aufs Einfühlsamste der außergewöhnlich spannenden Jazzstimme Sörlings die richtige Ebene und den großzügig geigneten Spielraum zu geben. (Unit Records)

Shoot The Moon heißt eine Berliner Jazzformation, in der die beiden Musikerinnen Almut Schlichting (Saxofon) und  Winnie Brückner (Stimme) eine entscheidende Rolle spielen. Zusammen mit Tobias Dettbarn (Klarinette), Sven Hinse (Bass) und Max Andrzejewski (Schlagzeug) crossovern sie den Jazz. Bluesige und jazzige Songs, die einen sowohl ganz alltäglichen, als auch abgehoben literarischen Lyrikkosmos kreieren, bringen in durchaus angenehme Laune und sind doch nicht einfach nur Mainstreamware. Almut Schlichting spielt bei  mehreren Gruppierungen mit und ist auch Komponistin, die sich zudem zusätzlich an Theaterprojekten beteiligt. Auch Winnie Brückner hat noch musikalische Parallelkonzepte zu Shoot The Moon. "Big Black Dogs", die dritte CD der Band, spielt sich in einem Bereich ab, der durchaus im eingängigen Songwriting  ist einerseits, und doch auch zum zeitgenössischen Jazz gehört. Ein gutes Maß an Retro-Pop, folkloristischen Elementen und einen Touch Klassik weist das musikalisch ins verquere tendierende  Jazzkonzept der Band auf.
Bestens geeignet für Sommersonntage in Berlin, meinen Shoot The Moon. Doch auch an kalten Tagen und überall lässt sich mit "Big Black Dogs" eine Brise Idylle in den Tag holen. Auch etwas für magische Fische und nicht nur schwarze Hunde soll "Big Black Dogs" sein. Eine hohe Dosis Kaffee kann zur Musik immerhin nicht schaden, sagen wir mal ganz besonders in nächtlichem Ambiente von geheimnisvollem Grün. Dann kommen die warmen Grooves und die imaginative Improvisation manch bizarr schillernder Songs jedenfalls zur totalen Geltung. Musik für fantasievolle Seelen und unruhige Geister immerhin. (Wismart)

Das Hanna Paulsberg Concept aus Norwegen bewegt sich mehr im Traditionalistischen als im Avantgardistischenen des Jazz. Interpretiert wird Jazz, wie er schon seit einiger Zeit wohlbekannt ist, aber das eben auf eine durchaus erfrischend klingende Weise.  Melodisch swingend Improvisatorisches ist Kennzeichen des Konzepts der Band und wird auch auf der aktuellen CD "Song For Josia" umgesetzt. Eher sanft, pastös, zart und locker sind die Saxofonmelodien und der gesamte Sound der Band passt sich dem entsprechend an. Hanna Paulsberg, als studierte und tendenziell erstklassige Saxofonistin, kann sich auf die kongeniale Mitwirkung verlassen von Trygve Fiske am Bass, Hans Hulbækmo an den Drums und Oscar Grönberg am Piano. "Song For Josia" ist Musik für entspanntes Hören, die bei Gesprächen, neben der Arbeit und auch bei Ruhepause keinesfalls irritiert, sondern mit fließend Energetischem und minimalistischen Momenten immer Backing sein kann. Anspieltip, um das Saxofon von Hanna Paulsberg mal kurz anzutesten, ist das zweiminütige "A Coat Of Many Colors". Wer mehr will von Paulsberg, kann zwei CDs des Hanna Paulsberg Concepts entdecken. Und Paulsberg ist noch aktiv mit dem Frauentrio Gurls, mit Torstein Ekspress und mit Trondheim Jazz Orchestra. Sie beginnt sich gerade als Instrumentalistin und Komponistin in der Jazzszene zu behaupten. (Øra Fonogram)

www.isabelsorling.com
www.hannapaulsberg.com
www.shootthemoonberlin.de

veröffentlicht: www.culturmag.de www.aurora-magazin-at