Monday, June 16, 2008

Marc Ribot's Ceramic Dog
»Party Intellectuals«
(Enja/Yellowbird)


Der New Yorker Marc Ribot informiert explizit: Ceramic Dog ist eine wirkliche Band, nicht ein Projekt. Mit Ches Smith, mittlerweile ein Name der Westcoast-Szene, am Schlagzeug und dem Autodidakten Shahzad Ismaily aus der NYC-Szene an Bass und Synthesizer. Ribot spielt Gitarre, Trompete, Horn, Melodica.
Ceramic Dog ist ein »free/punk/funk/experimental/psychedelic/
post electronica collective«, das sich mit »Party Intellectuals« zwischen genialem Songwriting, coolen Latinklängen und härterem Rock angesiedelt hat. Fast Hardcore-Crossover-mäßig brechen die beiden ersten Stücke der CD »Break On Through« und »Party Intellectuals« herein. Wie auch alle weiteren Songs wie ein sich Besinnen auf Qualitätsmerkmale wirken, die in früheren Jahren gesetzt wurden. Und wieder erneuert oder zu einem Neuen zusammengefügt werden. Ribot verwendet dabei konsequent einen Gitarrenton, der im Inneren aufreibt, aufkratzt, auf der Schneide fast nervend zu werden, aber im positiven Sinn so tief gehend, daß er auf eine bestimmte, sehr gewollte Art sich einprägt. Da ist viel bewußte, kontrollierte, harte Unmittelbarkeit mit manch vorsichtig einfühlsamen, dabei oft verzerrten, manchmal auch ironisch gebrochenen Momenten in Verbindung oder im Kontrast.
Was für erstklassiges Songmaterial Ribot bietet zeigt besonders »When We Were Young«. Traumhaft. Assoziationen blenden sich ein: »...hazy eyes...«... Ein Tag mit flirrender Hitze. Zu heiß für jede Anstengung. Jemand lehnt sich an ein Auto. Irgendwo unterwegs angehalten. Erinnert sich... »when we were young and we were freaks«... Messerscharf analysieren, was früher war. Aber der Zustand in dieser Hitze an diesem Tag ist nicht wirklich ein klarer Wachzustand... »...sleepwalking...« ... - Alles reflektieren und doch dabei nie mehr wirklich herauskommen können aus einem Leben in das man einmal aus einer Entscheidung oder einem Zufall heraus hineingeraten ist.

www.marcribot.com


Scott Matthew
»Scott Matthew«
(Glitterhouse/Indigo)


Wenn Scott Matthew, ein in Brooklyn lebender Australier, singt, scheint es, als wäre er mit engelartigen, übersinnlichen Wesen in Verbindung. Vielleicht ist er vom Himmel gefallen. Er riskiert extrem überspanntes Pathos und theatralischen Kitsch. Und auf wundersame Weise hat er das alles tatsächlich mit seinen Musikern perfekt im Griff. Auf seinem Debut »Scott Matthew«. Sich selber als »quiet noise maker« bezeichnend. Mit preziösen Folkminiaturen wie Kammermusik. Die Betonung auf Piano und Gitarre, oder auch mal Cello, Ukulele, Akkordeon oder Banjo. Kleine einfache Songs, aber lässig die große Geste. »I no longer can rely / On a friend who once kept me alive« ist der Satz mit dem er einen mit dem wunderschönen zweiten Song der CD in seinen Bann ziehen kann. Und weiter: »...God it's weird / God it's strange / To be the only one to talk to / God it's weird / God it's strange / To be the only one to dance with...« (»Abandoned«). Er hat einen Weg gefunden andere mit Worten zu erreichen: »...There are so many of us / Who'd rather play dead / It's easier to run than explain ourselves...« (»Ballad Dear«). Und er bewegt sich frei in abgehobenen Sphären: »...Like you he's been and gone...« (»Prescription«) Die elf eher kurzen Songs sind fast zu schnell zu Ende. So als wäre eine Vision plötzlich vorbei. Die allerdings auf CD wiederholbar ist. Wollte man bösartig werden, könnte man sagen: Kann süchtig machen wie Zuckerzeug.

www.scottmatthewmusic.com

(skug 75 (print), 7-9/08)
www.skug.at