Saturday, September 08, 2012

Ry Cooder: warm feeling - cold, cold feeling - und ausdrücklick politisch. Cooder fürchtet um die Demokratie. Die CD "Election Special" auch als Aufforderung zu verstehen, sich in politischen Diskurs einzuklinken.

Länger nicht mehr betont Ry Cooder gehört. Ihn und sein umfangreiches Schaffen irgendwann einfach außen vor gelassen, nur nebenbei wahrgenommen und gewusst: "We need to get smarter, fast", wie er jetzt 2012 in der Info zur CD schreibt.
Heimatgefühl stellt sich nun beim Hören der neuen Cooder-CD "Election Special" unvorhergesehen ein. Seine Songs haben bei mir mal wie selbstverständlich zum Alltag gehört. Wie ein Soundtrack oft, fällt mir ein, was ich beinahe vergessen hätte.
Best gelungen ist Cooders "Election Special". Der 65-jährige Könner an der Gitarre, dabei exzellenter Bottleneck-Spieler, ist versiert außer an der Gitarre auch an Bass und Mandoline und routinierter Sänger und sein Sohn Joachim Cooder überzeugt am Schlagzeug.
Der aus Los Angeles stammende Ry Cooder gibt in den Lyrics ein sozialkritisches, politisches Statement zur Situation in Amerika ab und zum Wahlkampf als verfechter der Demokratie. Für Barack Obama gegen Mitt Romney. Und lebt dabei musikalisch bewusst tief in Roots, Blues, Folk und Rock wohltuend weit ab von glattem und plapperndem Pop.
Anspieltipp: Das country-esque folkige "The 90 And The 9", "a possible political discussion between a father and child", so Cooder. (Anmerkung: Mitstreiter im politischen Diskurs sollte natürlich genauso die Frau sein!) Und sehr gefühlvoll und nahegehend "Brother Is Gone" gegen ein Großindustriellen-Brüderpaar der politisch Rechten. Cooder vermerkt dazu: "...they made their deal at the crossroads with Satan. Satan will need to get paid, but in the meantime, they are doing everything in their power to hurt you and me...". Die straighte Rocknummer "Guantanamo", wie das völkerrechtswidrige Gefangenenlager Kubas heißt, soll warnen. "Prisons are the new growth industry", versucht Cooder zu erklären. Markanter Abschlusssong des Albums ist das stomping "Take Your Hands Off It" mit Gesang auch vom als expressiven Solo- und Back up-Vocalisten bekannten Arnold McCuller und den Sätzen “...Get your dirty hands off my Constitution...Get your greasy hands off my Bill of Rights...”. Im ergänzenden Text dazu eine explizite Erinnerung an Woody Guthries Song "This Land Is Your Land".
Ja, Songwriting hat auch immer wieder eine sozialkritische, politische Aussage zu sein. "Pete Seeger soll dazu vor Jahren gesagt haben: 'There's no hope, but I may be wrong'.

"...If the Democrats don’t make it
Then I’ll have myself to blame
If we don’t raise some sand
Then our votes might slip away
And our civil rights and our equal pay
And then it’s too bad, Jim, for the 90 and the 9..."

("The 90 And The 9", Ry Cooder)

Ry Cooder
"Election Special"
(Nonesuch/Warner)

www.ryland-cooder.com

 veröffentlicht: skug print #92 www.skug.at www.culturmag.de