Wednesday, October 12, 2011

"When Past & Future Collide"
John Cale live und ein gutes Maß an Perfektion

John Cale brachte und bringt derzeit sein "When Past & Future Collide: Paris 1919" auf die Bühne. Am 06.10.11 in Essen bei der Ruhrtriennale und am 21.11.11 in Malmo in Schweden in der Oper. In Essen in der Lichtburg, einem Kinosaal, konnte ich beobachten mit welcher Perfektion das bereits bekannte musikalische Konzept unter sehr sicherem Dirigat von Harry Curtis mit den Bochumer Symphonikern umgesetzt wurde. Da dieses Orchester weiß, was es tut, bestand für Cale kein Risiko. Dass man "Paris 1919", jenes zwielichtig-melancholisch-literarisch-orchestrale Album aus dem Jahr 1973, damals u.a. mit Bandmitgliedern von Little Feat eingespielt, musikalisch in eine neue, extremere Dimension weiterentwickeln könnte, könnte, denn getan wurde dies nicht, ist natürlich, wem Neue Musik vertraut ist, klar und eine andere Sache. Es muß nicht zwingend vorgenommen werden, doch sollte wohl einmal.
Die Welt von Dandys, Movie queens, Literaten und Bohemians von"Paris 1919" ist wie ein reichhaltiger Pool poetischer Energie, der immer noch immense Mitteilkraft spüren lässt und über die Jahre nichts an Aussagekraft eingebüst hat. Es ließe sich daraus zitieren und zitieren und zitieren. Hier nur dies: "Nothing frightens me more/ Than religion at my door" aus "Hanky Panky Nohow".
Die derzeitige Band neben Cale an seinem Piano und akustischer und elektrischer Gitarre bestehend aus Gitarist Dustin Boyer, Schlagzeuger Michael Jerome und neuem Bassist Joey Maramba präsentierte sich, vermutlich nicht nur in Essen, erfreulich um einiges präziser als bisher. Was beim zweiten Song-Set des Abends nach dem ersten Teil "Paris 1919" gerade auch einigen Stücken aus dem aktuellen "Extra Playful" zugute kam. Die Konfrontation des frühen Songmaterials mit brandaktuellem war ein spannungsgeladenes aneinandergeraten von düsterer Romantiktiefe mit Orchester und oberflächlich hell-profanem Pop. Auf der aktuellen CD "Extra Playful" werden drum loops, electronic elements, vocoder effect verwendet. Und Cale ist damit endlich raus aus seiner für mich mehr als fraglichen "Circus"-Phase.

www.john-cale.com
www.harrycurtis.com
www.bochumer-symphoniker.de