Thursday, January 07, 2010

Szenenfoto (c) Thomas Dashuber
Leben oder Fake - Sinnlosigkeit im Soldatenleben: "...Bis der Morgen über sie fällt wie ein tödlicher Schatten..."
"Leere Stadt" von Dejan Dukovski am 17.12.09 im Staatsschauspiel München

Liebe mit einer Frau namens Maria oder wenigstens Sex mit Japanerinnen, das wäre ein Leben, das sein sollte in Dukovskis Theaterstück in Regie von Alexander Nerlich. Das Leben, das aber ist, findet für die zwei Soldaten Gjore und Gjero nur noch eine einzige Nacht im Krieg zwischen den Fronten statt, bevor sie, wie sie wissen, als Deserteure genau dort umgebracht werden. Ein Aufleben in einer Art Spielrausch oder Konsumrausch in Kleidergeschäft, Restaurant, Casino, Theater, Bordell, beim Bankraub in einer leeren Stadt in einem Leben, das eigentlich kein Leben mehr ist, sondern ein Fake. Beim Reden, Reden, Reden, Reden so tun als ob vor allem Party, Party, Party, Party noch einmal eine Nacht lang Sinn, Wert oder wenigstens Spaß geben könnte. Zurückgeben. Wiedergeben. Neugeben. Für den Moment. Oder für irgendein nichtexistentes Immer. Auf einer Bühne mit Spielplatzambiente von Bühnenenbildner Matthias Schaller entsteht ein Leben, das nur noch nach aussen hin so aussieht wie Leben. Aber nicht einmal bis zum Ende des Stücks.Wie gesagt: Nichts als Spielrausch und Konsumrausch. Guter Selfsex ist das dann nicht, was im Stück stattfindet. Und homosexualle Nähe wird nicht riskiert. In einer Kirchenstille schließlich die Erkenntnis der beiden Soldaten: Im Leben nicht mal ein Buch zu Ende gelesen zu haben - doch etwas wenig. Aber am Morgen die Sonnenbrille auf und cool in den Tod. Kann man gegen den Tod, die Angst, das Ende anreden? Was sind Strategien der Ablenkung wert? Ist in einigen Reststunden Leben eigentlich noch Platz für Utopien oder Alpträume? Oder kein Platz mehr? Für nichts von Belang? Für nichts von Relevanz? Solche Fragen wirft "Leere Stadt" von dem Mazedonier Dejan Dukovski auf.
Nicht schlecht Stück, Inszenierung, Bühne, Hintergrundmusik. Was aber heißt: es gibt bessere Texte, Aufführungen...Wenn man mehr will als irgendwie buntes Theater.

Regie Alexander Nerlich, Bühne Matthias Schaller, Kostüme Christian Sedelmayer, Musik Malte Preuss, Licht Urs Schönebaum

www.staatsschauspiel.de

veröffentlicht: www.skug.at