Sunday, November 22, 2009

Joe Henry »Blood From Stars«
(Anti/Indigo)

Beinahe als hörte man wieder frühen Tom Waits. Und dann wieder beinahe als kreierte Waits nochmal die Atmosphäre von »Swordfishtrombones«. Beinahe sozusagen als hätte Waits seinen Namen gewechselt. Aber auch Joe Henry ist kein neuer Name in der Musikszene. Über die Jahre waren seine Veröffentlichungen mal dem Blues, mal dem Jazz, mal dem Folk näher. Und immer verwandt der Welt des Vaudeville. Ich mochte seine sehr folkigen, tatsächlich ungemein eigenständigen Alben der 90er Jahre am liebsten. Auf der neuesten Veröffentlichung »Blood From Stars« ist nun unter teilweise Langzeitmitmusikern Henrys auch ein renommierter Name wie Marc Ribot zu finden, genauso aber Henrys Sohn Levon als Newcomer. Geschaffen werden ein erstklassiger Sound, schöne Songs und Geschichten. Aber, wie gesagt: fast fatal nahe an Waits. Das nimmt mir das echte Interesse an »Blood from Stars«. Obwohl ich die Wärme, Freude und gleichzeitig aber auch tiefe Melancholie, die Henrys Songs eigentlich unverwechselbar prägen, schon immer schätze.

www.joehenrylovesyoumadly.com

Vic Chesnutt »At The Cut«
(Constellation/Alive)

Vic Chesnutt erwähnt explizit, aber gleichzeitig wie nebenbei, in »When The Bottom Fell Out« das, was man freien Fall nennt. Was dann wohl zwischen dem einerseits dramatisch, episch, pathetisch Arrangiertem mit Musikern von Thee Silver Mt.Zion, Godspeed You Black Emporer und Fugazi und andrerseits dem kargen, geradezu spartanischen, spröden Songparts zur Akustischen seiner neuen CD »At The Cut« sein mag. Dort, wo sich keine Mitte finden lässt.
Einige markant eingefügte Zitate in die Lyrics wirken beinahe als wolle sich Chesnutt orientieren an dem, was andere geschrieben haben. Als wolle er sich an Literatur anderer festhalten. Aber gleichzeitig klingt er zu souverän für genau so etwas. Dass das Leben im Rollstuhl für ihn seit seinem Unfall vor vielen Jahren immer wieder zu einem Härtetest wird, lässt sich jedoch durch sein ganzes Schaffen mutmaßen. Ausweglosigkeit, Trostlosigkeit, Finsternis lauert heimtückisch, hinterrücks oder offensichtlich. So auch bei »Chain«: »chain, chain / every gesture, Every phrase, chaine / Chain, chain / empty Hours out of phrase, chain … every shadow, every Face, Chain…« Und wie der Song »Flirted With You All My Life« mit den Zeilen »‘Lord Jesus, please I’m Ready’ / o’Death…« musikalisch todessüchtig und wie voll innerer Freude zu glühen scheint, ist irritierend abgrüdig. Genauso wie »It Is What It Is«: »i am a Monster like Quasimoto / or Caliban, the natural man…«.

www.vicchesnutt.com
veröffentlicht: www.skug.at print