Sunday, March 04, 2007

01.03.07 John Cale + Band live "Circus Tour 2007", Backstage, München

Mainstream-Circus

Cale zeigt Stärken und Schwächen. Es kommt sehr auf seine Laune und Tagesform an welche Qualität die Dramaturgie und Interpretation der Songs bei einem Konzert hat. Genauso geht es mir bei der Rezeption. In Berlin straighte, selbstbewußte Unmittelbarkeit. Jetzt in München schieben sich verquere Gedankenbilder in die Wahrnehmung. Und im Gegensatz zu Berlin mag ich die Stimmung im Münchner Publikum nicht. Während ich Cale, nicht so souverän wie in Berlin, auf der Bühne beobachte sehe ich auch immer wieder im Zuschauerraum einen Mann in meiner Nähe an, vom Alter her gut über 50, Capy auf, unbewegliche, abgeklärte Mimik. Auf einmal der einzige Mensch, der mir in der Menge um mich herum wirklich sympatisch ist.
"Circus" on stage beinhaltet Material der "Black Acetate"-Härte und Schärfe und Schönheit und besten Schrägheit und der Experimentellen Momente des "Hobo Sapiens"-Stoffs, driftet aber auch phasenweise einfach in die Nähe des Levels von herkömmlicher Rock-Melodik mit Gitarrensoli. Und ähnlich Höhen und Tiefen wenn Cale die Akustische nimmt und auch im Spektrum seiner früheren Arbeit ist. Und ich beim Hören einerseits jedes Stück analytisch regelrecht mental zerhackend, dann wieder einfach Rhythmus in mich aufnehmend und auf mich wirken lassend um aber gleich darauf andrerseits rauszugehen in die Totale und alles von weit außen wahrzunehmen. Ich also im Spektrum unterschiedlicher Wahrnehmungsmöglichkeiten.
Versuch einer klaren Aussage von mir: "Circus" ist rock-circus. Kann man zuhören, wenn man grad mag. "Black Acetate" mit der Tour im vergangenen Jahr war hingegen als Statement selbst einschließlich jeder Formschwankung absolut zwingend.
Und total aus kritischer Distanz will ich gerade nicht urteilen.