Thursday, April 19, 2007

Kritische Distanz

Wenn ich für's Rezensieren bezahlt worden wäre, dann wäre ich ins St. Thomas-Konzert, ins Kristin Hersh-Konzert, ins Otis Taylor-Konzert, ins Melvins-Konzert, zum Wolfgang Muthspiel Duo. Ich war etliche Wochen in keinem Konzert mehr. Auch bei der Fassbinder-Hommage bin ich nicht mal wieder in "Liebe ist kälter als der Tod" aus dem Jahr 1969. Und bei der Pasolini-Lesung von Ulrich Matthes war ich auch nicht.
Ich war also eine Weile nicht im Input kultureller Veranstaltungen. Verbrachte oft Zeit am Schreibtisch. Lesend. Schreibend. Kulturszenepause. Gut für die kritische Distanz. Die kritische Distanz kann nicht groß genug sein, wie ich sehr genau besonders durch meine 90er Jahre weiß.
Was es von daheim vom Fenster aus zu sehen gab, war nicht spektakulär. Drüben im Park sprießten die ersten grünen Blätter. Es dauerte nur einige Tage und der ganze Park stand in vollem Grün. Unten auf'm Platz vor'm Haus fuhren kleine Kinder auf winzigen Fahrrädern Runden. Die Kirchenmauer gegenüber diente den Jungs beim Fußballspielen als Tor. Aus'm nahen Supermarkt schleppten Leute volle Einkaufstüten vorbei.
Hier in der Gegend wohnen viele sogenannte einfachen Leute. Das einfache Leben hier also. Ein paar hundert Meter weiter in den Altbauten haben sich aber Schriftsteller, Übersetzer und andere Kulturschaffende eingenistet, habe ich mir kürzlich in einem der neuen Cafés hier sagen lassen. Ich mag gerade über das Viertel hier nichts weiter sagen.
Vielleicht über's Wetter: Nach einigen geradezu schon sommerheißen Tagen war gestern eine graue Wolkenschicht am Himmel. Und es war seltsames grellhelles Zwielicht, das schneidend in den Augen blendete. Merkwürdigerweise war den ganzen Tag über dazu die Straßenbeleuchtung an. Und die Luft war abrupt wieder eisig kalt geworden.
Und heute ein normaler Sonnentag. Ich höre Richard Thompson. Lese Gedichte von Hart Crane und habe den Fokus in meiner eigenen Bilderwelt.